AKTUELLES

Hier stellen wir Ihnen aktuelle Informationen zu unterschiedlichen Rechtsthemen vor.
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Public Viewing zur Fußball-Europameisterschaft 2024
Für die Zeit der Fußball-Europameisterschaft 2024 (14.6.–14.7.) hat das Bundeskabinett eine Verordnung beschlossen, die ermöglicht, ausnahmsweise den nächtlichen Lärmschutz zu lockern. Damit wird der Spielraum auf kommunaler Ebene erweitert, Public Viewing auch für die Spiele zuzulassen, die um 21 Uhr angepfiffen werden. Die Verordnung tritt am Tag nach der Verkündigung im Bundesgesetzblatt in Kraft und wird bis zum 31.7.2024 gelten.

Im konkreten Fall entscheiden die Kommunen über die Genehmigung. Es gilt jedoch zu beachten, dass die Verordnung nur öffentliche Veranstaltungen erfasst.

Anmerkung: Verläuft das Public Viewing im Rahmen einer privaten Veranstaltung (z.B. auf der Terrasse), gelten die Immissionsschutzvorschriften der Länder.
Urlaubsbuchung trotz Reisewarnung
Die Pandemie steht momentan zwar nicht mehr im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses, sie bleibt jedoch weiterhin ein Thema im Reiserecht. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat im September 2023 ein richtungsweisendes Urteil gefällt, welches die Risikoverteilung deutlich macht.

In dem entschiedenen Fall entschloss sich ein Ehepaar, trotz einer bestehenden Reisewarnung des Auswärtigen Amts aufgrund der Covid-19-Pandemie, im September 2020 eine Reise über 7.700 € in die Dominikanische Republik zu buchen. Die Anzahlung betrug 1.540 €. Kurz vor dem geplanten Abreisetermin bekam die Ehefrau jedoch Bedenken, sagte die Reise kurzfristig ab und forderte die Erstattung der Anzahlung.  Der Reiseanbieter stellte eine Stornorechnung über 5.775 € und forderte die Reisenden zur Zahlung abzüglich der Anzahlung auf.

Die BGH-Richter entschieden zugunsten des Reiseveranstalters. So stellt nach Auffassung des Gerichts eine Reisewarnung des Auswärtigen Amts i.d.R. ein erhebliches Indiz für das Vorliegen außergewöhnlicher Umstände am Bestimmungsort dar. Dabei ist es bedeutend, ob eine solche Reisewarnung bereits bei Abschluss des Reisevertrags bestand. Eine Buchung trotz dieser Bedingungen kann u.U. in der Erwartung erfolgen, dass sich die Verhältnisse bis zum Zeitpunkt des Reisebeginns bessern. Ein Reisender, der bei der Buchung keinen diesbezüglichen Vorbehalt äußert, bringt gewöhnlich aber zum Ausdruck, dass er die aufgrund der Warnung indizierten Risiken in Kauf nimmt. Deshalb ist es ihm i.d.R. zumutbar, die Reise auch dann anzutreten, wenn die Reisewarnung bei Reisebeginn weiterhin oder wieder besteht und die Risikolage sich nicht substantiell verändert hat.
Bauleistungen – Verjährungsverlängerung nicht über WhatsApp
Nach der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB/B) hat der Auftragnehmer dem Auftraggeber seine Leistung zum Zeitpunkt der Abnahme frei von Sachmängeln zu verschaffen. Beinhaltet der Vertrag für Mängelansprüche keine Verjährungsfrist, so beträgt sie u.a. für Bauwerke 4 Jahre und für andere Werke, deren Erfolg in der Herstellung, Wartung oder Veränderung einer Sache besteht, 2 Jahre und beginnt mit der Abnahme der gesamten Leistung. Nur für in sich abgeschlossene Teile der Leistung beginnt sie mit der Teilabnahme.

Der Auftragnehmer ist verpflichtet, alle während der Verjährungsfrist hervortretenden Mängel, die auf vertragswidrige Leistung zurückzuführen sind, auf seine Kosten zu beseitigen, wenn es der Auftraggeber vor Ablauf der Frist schriftlich verlangt. Der Anspruch auf Beseitigung der gerügten Mängel verjährt in 2 Jahren, gerechnet vom Zugang des schriftlichen Verlangens an. Das Oberlandesgericht Frankfurt a.M. hat nun entschieden, dass eine WhatsApp-Nachricht diese Anforderung nicht erfüllt, denn hier fehlt es an der erforderlichen Schriftlichkeit.
„Zentrum“ als Bezeichnung einer Gemeinschaftspraxis
In einem vom Oberlandesgericht Frankfurt a.M. (OLG) entschiedenen Fall betrieben zwei Fachärzte eine Gemeinschaftspraxis, die sie als „Zentrum für plastische und ästhetische Chirurgie“ bezeichneten. Ein plastischer Chirurg hielt diese Bezeichnung für irreführend.

Die OLG-Richter entschieden, dass die Öffentlichkeit grundsätzlich bei dem Begriff „Zentrum“ eine personelle und sachliche Struktur eines Unternehmens erwartet, die über vergleichbare Durchschnittsunternehmen hinausgeht. Im medizinischen Bereich jedenfalls weist der Begriff „Zentrum“ nicht auf eine besondere Größe hin. Der Gesetzgeber gibt Medizinischen Versorgungszentren keine Mindestgröße vor. Die Bezeichnung einer aus zwei Ärzten bestehenden Gemeinschaftspraxis als „Zentrum“ für plastische und ästhetische Chirurgie ist damit nicht irreführend und unlauter.
Gesellschafterversammlung – Pflicht zur Ladung der Erben bei Tod eines Gesellschafters
In einem vom Oberlandesgericht Brandenburg (OLG) entschiedenen Fall stand die Frage im Fokus, ob eine Gesellschafterversammlung ohne die Einladung der Erben eines verstorbenen Geschäftsführers und Mitgesellschafters eine neue Geschäftsführung wirksam bestellen kann.

Das Gericht urteilte, dass die Ladung der Erben essenziell ist und eine ohne deren Einladung abgehaltene Versammlung nicht zu einer wirksamen Neubestellung führen kann.  Sofern die Erben nicht bekannt sind, sollte eine Nachlasspflegschaft beantragt werden. Der dabei bestellte Nachlasspfleger vertritt dann die Erben.

Der Beschluss des OLG verdeutlicht wieder einmal die nicht zu unterschätzende Relevanz von Nachfolgeregelungen. Bei der Errichtung des Gesellschaftsvertrags sollte somit darauf geachtet werden, dass dieser für den Fall des Versterbens eines Gesellschafters eindeutige und vor allem abschließende Nachfolgeregelungen enthält.
Anpassung einer Zulage bei Aufstockung der Arbeitszeit
Das TzBfG (Teilzeit- und Befristungsgesetz) in Deutschland regelt unter anderem die Möglichkeiten für Arbeitnehmer, ihre Arbeitszeit zu verringern oder zu verlängern. Das Gesetz gibt jedoch keine Auskunft darüber, wie sich eine Änderung der Arbeitszeit auf das Gehalt oder andere Leistungen, die der Arbeitnehmer als Gegenleistung für seine Arbeit erhält, auswirken wird.

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat in seinem Urteil v. 13.12.2023 klargestellt, dass ein Arbeitnehmer, der seine Arbeitszeit auf eine Vollzeitbeschäftigung erhöht, einen Anspruch darauf hat, dass sein Gehalt entsprechend dem Umfang der Arbeitszeiterhöhung anteilig angepasst wird. Das bedeutet, wenn die Arbeitszeit eines Mitarbeiters erhöht wird, muss auch das Gehalt in einem angemessenen Verhältnis zu dieser Erhöhung steigen. Dazu gehört auch eine vereinbarte Zulage.

In einem Fall aus der Praxis verdoppelte eine Arbeitnehmerin ihre Arbeitszeit auf eine Vollzeitstelle. Neben dem Gehalt war auch eine Leistungszulage von 250 € während der Teilzeitbeschäftigung vereinbart. Die Arbeitnehmerin war der Auffassung, dass auch diese angepasst werden müsste, der Arbeitgeber verweigerte dies jedoch. Die BAG-Richter entschieden zugunsten der Arbeitnehmerin.
Entgeltfortzahlung bei Fortsetzungserkrankung
Ein Arbeitnehmer kann seinen Anspruch auf weitere Lohnfortzahlung verlieren, wenn er nach einer sechswöchigen Lohnfortzahlung wegen Krankheit erneut krankheitsbedingt ausfällt und es sich dabei um eine Fortsetzung der ursprünglichen Erkrankung handelt.

Behauptet er, dass es sich um eine neue, unabhängige Erkrankung handelt, der Arbeitgeber dieses jedoch bezweifelt, ist es am Mitarbeiter, Beweise oder Indizien vorzulegen, die darauf hindeuten, dass keine weiterführende Krankheit besteht. Die bloße Angabe des Diagnosecodes aus dem Krankenschein ist nicht ausreichend, um eine Fortsetzungskrankheit auszuschließen. In solchen Fällen kann es u.U. notwendig sein, dass der Mitarbeiter seine behandelnden Ärzte von der ärztlichen Schweigepflicht entbindet, um die Situation weiter zu klären.
Versicherter Arbeitsweg und unversicherter Abweg
Die gesetzliche Unfallversicherung bietet u.a. Versicherungsschutz bei Unfällen auf dem Weg von und zur Arbeit (sog. Wegeunfälle). Auch ein Abweichen von dem direkten Arbeitsweg kann unter bestimmten Voraussetzungen gesetzlich unfallversichert sein. Dabei muss aber ein ausreichender Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit bestehen bleiben. Eine solche Ausnahme kommt gesetzlich etwa für einen vom Arbeitsweg abweichenden Weg in Betracht, um ein Kind wegen der beruflichen Tätigkeit der Betreuung Dritter anzuvertrauen.

Bewegt sich der Versicherte nicht auf einem direkten Weg in Richtung seines Ziels, sondern in entgegengesetzter Richtung von diesem fort, handelt es sich eben nicht um einen bloßen Umweg, sondern um einen Abweg. Wird der direkte Weg mehr als geringfügig unterbrochen und ein solcher Abweg allein aus eigenwirtschaftlichen, also nicht betrieblichen Gründen zurückgelegt, besteht kein Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung.

Das Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) hatte über nachfolgenden Sachverhalt zu entscheiden: Eine Arbeitnehmerin begleitete ihre Tochter im Grundschulalter zu einem Sammelpunkt auf dem Schulweg. Dieser lag, von der Wohnung aus gesehen, in entgegengesetzter Richtung zur Arbeitsstätte. Auf dem Weg vom Sammelpunkt zu ihrer Arbeit, aber noch vor Erreichen des Wegstücks von ihrer Wohnung zur Arbeit, wurde die Arbeitnehmerin von einem PKW erfasst. Die LSG-Richter verneinten das Vorliegen eines Arbeitsunfalls, da sich der Unfall auf einem unversicherten Abweg ereignete. Die Mutter begleitete ihre Tochter nicht – wie für den gesetzlichen Unfallversicherungsschutz insoweit erforderlich – zum Sammelpunkt, um ihrer Beschäftigung nachzugehen, sondern allein und ausschließlich aus allgemeinen Sicherheitserwägungen zum Schutz der Tochter.
WEG – Änderung der Kostentragung für Erhaltungsmaßnahmen
Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte sich am 22.3.2024 in zwei Verfahren mit Beschlüssen von Wohnungseigentümergemeinschaften (WEG) zu befassen, mit denen Wohnungseigentümer für Erhaltungsmaßnahmen am Gemeinschaftseigentum eine von der bisherigen Kostenverteilung abweichende Kostentragung zulasten einzelner Wohnungseigentümer gefasst hatten.

Nach dem Wohnungseigentumsgesetz sind die Wohnungseigentümer berechtigt, für einzelne Kosten oder bestimmte Arten von Kosten der WEG eine von dem gesetzlichen Verteilungsschlüssel oder von einer Vereinbarung abweichende Verteilung zu beschließen. Das gilt auch dann, wenn dadurch der Kreis der Kostenschuldner verändert wird, indem Wohnungseigentümer von der Kostentragung gänzlich befreit oder umgekehrt erstmals mit Kosten belastet werden. Das entspricht jedenfalls dann ordnungsmäßiger Verwaltung, wenn die beschlossene Kostenverteilung den Gebrauch oder die Möglichkeit des Gebrauchs berücksichtigt.

In dem ersten Fall konnten wegen eines Defekts der (im gemeinschaftlichen Eigentum stehenden) Hebeanlage Doppelparker nur jeweils ein Fahrzeug abstellen. Die Wohnungseigentümer beschlossen eine Änderung der Kostenverteilung, nach der die Kosten für eine Sanierung und Reparatur der (im gemeinschaftlichen Eigentum stehenden Teile der) Doppelparker nicht mehr wie bisher von allen Wohnungseigentümern, sondern ausschließlich von den Teileigentümern der insgesamt zwanzig Doppelparker gemeinschaftlich zu tragen sind.

Im zweiten Fall fassten die Wohnungseigentümer in einer Eigentümerversammlung den Beschluss, die (im gemeinschaftlichen Eigentum stehenden) defekten Dachflächenfenster auszutauschen. Die Kosten des Fensteraustauschs sollte allein der Wohnungsbesitzer tragen, in dessen Wohnung die Fenster verbaut sind. Der BGH beurteilte in beiden Fällen, dass die Entscheidung der Versammlung gültig war und ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht.

Anmerkung: Der BGH entschied mit Urteil v. 8.3.2024, dass während der Corona-Pandemie gefasste Beschlüsse einer WEG nicht deshalb nichtig sind, weil die Wohnungseigentümer an der Eigentümerversammlung nur durch Erteilung einer Vollmacht an den Verwalter teilnehmen konnten.
Umgangsrecht – Verteilung der Betreuungslast
Grundsätzlich hat jedes Kind das Recht auf Umgang mit jedem Elternteil und jeder Elternteil ist zum Umgang mit den Kindern verpflichtet und berechtigt. Über den Umfang des Umgangsrechts kann das Familiengericht entscheiden. Es trifft dabei diejenige Entscheidung, die unter Berücksichtigung der tatsächlichen Gegebenheiten und Möglichkeiten sowie der berechtigten Interessen der Beteiligten dem Wohl der Kinder am besten entspricht, praktikabel ist und regelmäßig ausgeübt werden kann.

Der Umgang dient auch dazu, den hauptbetreuenden Elternteil zu entlasten und die tatsächliche Betreuung der Kinder in einem zu bestimmenden Umfang aufzuteilen. Daher ist es dem zum Umgang berechtigten Elternteil zuzumuten, das Kind bzw. die Kinder während des Umgangs in einzelnen Fällen fremdbetreuen zu lassen.
Die E-Rechnung für Unternehmen ab 1.1.2025
In Deutschland wird die Ausstellung elektronischer Rechnungen im Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen (B2B) zukünftig verpflichtend. Diese Änderung ist Teil des sog. Wachstumschancengesetzes, welches am 22.3.2024 die letzte parlamentarische Hürde genommen hat.

Betroffen sind Lieferungen und Leistungen zwischen Unternehmen, wenn beide in Deutschland ansässig sind. Die Ansässigkeit wird definiert durch Sitz, Geschäftsleitung oder Betriebsstätte im Inland. Bei der inländischen Betriebsstätte eines ausländischen Unternehmens muss im Inland ein Teil der Umsätze von der Betriebsstätte aus realisiert werden. Bei Unsicherheiten empfiehlt es sich, steuerlichen Rat einzuholen.

Eine E-Rechnung ist eine in einem speziellen Format ausgestellte, übermittelte und empfangene Rechnung, die eine automatische Verarbeitung ermöglicht. Das Format muss einer EU-Norm entsprechen. Ausnahmen für bestimmte Formate können gemacht werden, sofern die erforderlichen Angaben in maschinenlesbarer Form vorliegen. Zu den zulässigen Formaten gehören beispielsweise XRechnung als rein maschinenlesbares Format und ZUGFeRD als hybrides Format, welches eine Kombination aus maschinenlesbaren Daten und einer für das menschliche Auge lesbaren PDF-Rechnung darstellt. Das teilweise bereits von Unternehmen genutzte EDI-Verfahren bleibt zulässig, könnte jedoch künftig Anpassungen erfordern.

Achtung: Eine reine PDF-Rechnung ist ab 1.1.2025 keine elektronische Rechnung mehr, sondern eine „sonstige Rechnung“.

Sämtliche Unternehmen ohne Ausnahme müssen ab 1.1.2025 in der Lage sein, elektronische Rechnungen zu empfangen. Nach derzeitigem Kenntnisstand betrifft dies z.B. auch Vermieter, Ärzte und PV-Anlagenbetreiber. Es sind noch nicht sämtliche Einzelfragen geklärt, evtl. gibt es noch einen weiteren Zeitaufschub. Es wird noch eine Klarstellung des Bundesfinanzministeriums (BMF) erwartet.

Ebenfalls ist der Versand von E-Rechnungen grundsätzlich für sämtliche Unternehmen verpflichtend. Hierbei gibt es Übergangsregelungen, die wie folgt aussehen:

  • Unternehmen mit einem Vorjahresumsatz > 800.000 € im B2B-Bereich müssen ab 1.1.2027 E-Rechnungen versenden. Bis 31.12.2026 dürfen es noch „sonstige Rechnungen“ sein, z.B. Papierrechnung, PDF-Rechnung.

  • Unternehmen mit einem Vorjahresumsatz < 800.000 € im B2B-Bereich dürfen bis 31.12.2027 noch „sonstige Rechnungen“ versenden.

  • Ab 1.1.2028 müssen alle Unternehmen im B2B-Bereich E-Rechnungen auch versenden können.

Wer zwischen dem 1.1.2025 und dem 31.12.2027 noch keine E-Rechnung nutzt, aber ein anderes digitales Format wie z.B. die Rechnung im PDF-Format versendet, benötigt die Zustimmung des Empfängers.

Keine E-Rechnungspflicht gibt es im B2B-Bereich grundsätzlich für nicht steuerbare oder steuerfreie Lieferungen und Leistungen, Kleinbetragsrechnungen unter 250 € und Fahrausweise. Für das Privatkundengeschäft (B2C) ist derzeit keine E-Rechnungspflicht geplant.

Wer seiner Verpflichtung zur Teilnahme am E-Rechnungsverkehr nicht wie vorgeschrieben oder zu spät nachkommt, riskiert unter Umständen steuerliche Nachteile und auch Bußgelder von bis zu 5.000 €.
Wachstumschancengesetz – ein kurzer Überblick
Das sog. Wachstumschancengesetz (WCG) ist am 28.3.2024 in Kraft getreten. Die Änderungen gelten größtenteils rückwirkend ab 2023 bzw. zum 1.1.2024, in Teilen aber auch erst ab 1.1.2025 oder später. Einige Steuerentlastungen sind zeitlich befristet. Die beschlossenen Maßnahmen betreffen vor allem Unternehmen und Investoren, aber auch Arbeitnehmer und Rentner.

Über gestrichene Maßnahmen und geringere Erhöhungen als zunächst angedacht wurde bereits berichtet. Hieran hat sich nichts geändert. Die Aussagen bleiben daher aktuell. Neben der Einführung der E-Rechnung für Unternehmen im B2B-Bereich nachfolgend ein kurzer Überblick über weitere wichtige Änderungen:

  • Unternehmen können ab 1.1.2024 Geschenke für Geschäftspartner bis zu 50 € als gewinnmindernde Betriebsausgabe absetzen.

  • Der berücksichtigungsfähige Bruttolistenpreis für elektrische Dienstwagen wurde auf 70.000 €
    erhöht.

  • Die bereits ausgelaufene Befristung der degressiven AfA auf bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens wurde für Anschaffungen zwischen dem 1.4.2024 und 31.12.2024 wieder eingeführt, max. jedoch den zweifachen Wert der linearen AfA bzw. 20 %.

  • Kleinunternehmer brauchen i.d.R. ab 2024 keine Umsatzsteuererklärung abzugeben.

  • Die Schwelle für die Abgabeverpflichtung einer Umsatzsteuervoranmeldung wird ab 2025 erhöht auf 2.000 €.

  • Die Möglichkeit zur Versteuerung nach vereinnahmten Entgelten wird ab 2024 auf 800.000 € erhöht.

  • Die Schwellenwerte zur Buchführungspflicht werden ebenfalls auf 800.000 € Umsatz bzw. 80.000 € Gewinn für Gewerbebetriebe sowie Land- und Forstwirtschaft für Wirtschaftsjahre nach dem 31.12.2023 angehoben.

  • Ferner gibt es Änderungen im Körperschaftsteuer- und Umwandlungssteuergesetz.

Die Freigrenze für private Veräußerungsgeschäfte erhöht sich ab 2024 auf 1.000 € und der Pauschbetrag für Berufskraftfahrer auf 9 €/Tag. Die Rentenbesteuerung wird für neue Rentenjahrgänge um 0,5 % reduziert und der Altersentlastungsbetrag entsprechend angepasst. Bei Forschungs- und Entwicklungsvorhaben sind jetzt auch Investitionskosten förderfähig.

Eine der kommenden Veröffentlichungen wird sich den Änderungen im Bereich der Erbschaftsteuer für beschränkt Steuerpflichtige widmen, ebenso wie dem digitalen Zuwendungsempfängerregister.
Pauschbeträge für Sachentnahmen 2024
Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat mit Schreiben vom 12.2.2024 die für das Kalenderjahr 2024 geltenden Pauschalbeträge bei Sachentnahmen (unentgeltliche Wertabgaben) für Nahrungsmittel und Getränke mitgeteilt. Hierbei handelt es sich um Jahresbeträge. Bei monatlicher Buchung sind die Beträge zu zwölfteln.

Der Gesetzgeber nimmt an, dass Personen, die Nahrungsmittel und Getränke gewerblich verkaufen, diese auch privat konsumieren. Bei privatem Verzehr oder Verbrauch müssen Einzelaufzeichnungen über die entnommenen Werte buchhalterisch erfasst werden. Dieser Aufwand lohnt sich in der Regel nur bei geringem Eigenverbrauch.

Aus Vereinfachungsgründen hat der Gesetzgeber deshalb Sachentnahme-Pauschalwerte eingeführt, die sich je nach Betriebszweig unterscheiden. Wer eine Gaststätte, egal welcher Art, ein Café, eine Bäckerei, Konditorei, Fleischerei, einen Einzelhandel für Lebensmittel oder Getränke, Obst- oder Gemüseeinzelhandel oder Milcherzeugnis- oder Eiereinzelhandel betreibt, findet in der Liste des BMF (www.bundesfinanzministerium.de - Themen - Steuern - Steuerverwaltung & Steuerrecht - Betriebsprüfung - Richtsatzsammlung / Pauschbeträge) die für ihn gültigen Sachentnahmewerte. Eine Einzelaufzeichnung ist bei Verwendung des Pauschalwertes nicht notwendig.

Der Bäckereiinhaber wird auch nicht als Lebensmitteleinzelhändler qualifiziert, wenn er zusätzlich einen Kühlschrank im Verkaufsraum stehen hat, aus dem er z.B. Milch, Käse und Eier verkauft und die Einnahmen hieraus von untergeordneter Bedeutung sind. Es ist nur ein Pauschbetrag anzusetzen, und zwar der höhere von beiden.

Immer einzeln aufgezeichnet und in der Buchhaltung erfasst werden müssen Entnahmen, die nicht Nahrungsmittel oder Getränke sind, z.B. Tabak, Zeitschriften, Bekleidung oder Elektroartikel.
Falscher Umsatzsteuerausweis bei Rechnung an Endverbraucher schadet nicht
Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat mit Schreiben vom 27.2.2024 klargestellt, dass ein unrichtiger, höherer Umsatzsteuerausweis eines Unternehmers auf Rechnungen an Endverbraucher nicht mehr dazu führt, dass der Unternehmer die höhere Umsatzsteuer an das Finanzamt abführen muss.

Für Rechnungen mit erhöhtem falschen Umsatzsteuerausweis von Unternehmen an Unternehmen, die nicht korrigiert werden, bleibt es jedoch dabei, dass die höhere Umsatzsteuer an das Finanzamt zu zahlen ist.

Der Klarstellung im Privatkundenbereich liegt zugrunde, dass die gesetzliche Regelung im Umsatzsteuergesetz anders lautet. So hatte der Bundesfinanzhof (BFH) in einem Urteil vom 13.12.2018 entschieden, dass ein falscher höherer Umsatzsteuerausweis auf Rechnungen dazu führt, dass die höhere Umsatzsteuer an das Finanzamt zu zahlen ist, unabhängig davon, ob es sich bei dem Rechnungsempfänger um einen Privatkunden oder ein Unternehmen handelt.

Im Gegensatz zum BFH entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH) mit Urteil vom 8.12.2022, dass ein Unternehmer bei einem erhöhten Falschausweis der Umsatzsteuer an Privatkunden nicht die falsche höhere Steuer schuldet, sondern lediglich die niedrigere Umsatzsteuer, wenn sie richtig ausgewiesen worden wäre. Hierfür sei jedoch Voraussetzung, dass der Privatkunde keinen Vorsteuerabzug vornehmen könne.

Doch mit dieser Entscheidung dürfte noch keine Befriedung eingetreten sein. In einem anderen Klageverfahren hat das Finanzgericht Köln mit Urteil (8 K 2452/21) vom 25.7.2023 noch weitergehend entschieden, dass auch ein unrichtiger Umsatzsteuerausweis an Behörden und Verwaltungseinrichtungen für den Rechnungsaussteller unschädlich sei, da die öffentliche Hand ebenfalls nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt ist. Das gilt aber nur dann, wenn der Rechnungsaussteller bei Fertigung der Rechnung davon ausging, dass er mit der Ausweisung der Umsatzsteuer an eine Behörde alles richtig gemacht hat oder es sich schlicht um ein Versehen handelte.

Damit hat erstmals ein Finanzgericht entschieden, dass keine Rechnungskorrektur erforderlich ist und dem falsch ausweisenden Unternehmen gegenüber dem Finanzamt ein Erstattungsanspruch zusteht, wenn der objektive Fehler unwissentlich geschah. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die Revision beim BFH (V R 16/23) ist anhängig. In vergleichbaren Fällen kann unter Bezugnahme auf dieses Verfahren die Aussetzung der Vollziehung beantragt werden.
Kein Werbungskostenabzug für Prozesskosten zur Erlangung nachehelichen Unterhalts
Die Zahlungen von Trennungs- oder nachehelichem Unterhalt an den dauernd getrennt lebenden oder geschiedenen Ehepartner können Sonderausgaben im Rahmen der Einkommensteuer darstellen. Voraussetzung dafür ist, dass der Zahlungsempfänger diesen Betrag in seiner Einkommensteuererklärung als sog. „sonstige Einkünfte“ versteuert. Hierzu muss der Zahlende den Sonderausgabenabzug beantragen und auch die Zustimmung des Zahlungsempfängers vorlegen, dass dieser die erhaltenen Unterhaltszahlungen als „sonstige Einkünfte“ versteuert.

Der Bundesfinanzhof (BFH) hatte sich mit der Frage zu befassen, ob die einer Unterhaltsempfängerin entstandenen Prozesskosten für die Durchführung eines Klageverfahrens auf Erhalt bzw. Erhöhung der Unterhaltszahlung gegen ihren geschiedenen Ehemann Werbungskosten darstellen können. Dies hatte das zuständige Finanzgericht in erster Instanz so entschieden.

Mit Urteil vom 18.10.2023 hat der BFH die Abziehbarkeit der Prozesskosten als Werbungskosten abgelehnt und das Verfahren an das Finanzgericht zwecks Entscheidung zurückverwiesen. Dieses hat nun zu prüfen, ob zumindest die Voraussetzungen für die Abzugsfähigkeit der Prozesskosten als „außergewöhnliche Belastung“ im Rahmen der Einkommensbesteuerung vorliegen.

Die Ablehnung des Werbungskostenabzugs bei Prozesskosten begründete der BFH damit, dass keine unmittelbare Verbindung zwischen Unterhaltszahlungen als „sonstige Einkünfte“ und den entstandenen Prozesskosten besteht. Vielmehr muss der Zahlende erst einmal den Willen des Sonderausgabenabzugs im Rahmen der Einkommensteuererklärung haben und der Zahlungsempfänger dann auch noch zustimmen. Selbst, wenn der Zahlungsempfänger bereits im Voraus für mehrere Jahre zugestimmt hat, ändert sich an der Betrachtungsweise wegen des erforderlichen Antrags des Zahlenden nichts.
Basiszins / Verzugszins
  • Verzugszinssatz seit 1.1.2002: (§ 288 BGB)

    Rechtsgeschäfte mit Verbrauchern:
    Basiszinssatz + 5-%-Punkte

    Rechtsgeschäfte mit Nichtverbrauchern (abgeschlossen bis 28.7.2014):
    Basiszinssatz + 8-%-Punkte

    Rechtsgeschäfte mit Nichtverbrauchern (abgeschlossen ab 29.7.2014):
    Basiszinssatz + 9-%-Punkte
    zzgl. 40 € Pauschale

  • Basiszinssatz nach § 247 Abs. 1 BGB
    maßgeblich für die Berechnung von Verzugszinsen

    seit 01.01.2024 = 3,62 %
    01.07.2023 - 31.12.2023 = 3,12 %
    01.01.2023 - 30.06.2023 = 1,62 %
    01.07.2016 - 31.12.2022 = - 0,88 %
    01.01.2016 - 30.06.2016 = - 0,83 %
    01.07.2015 - 31.12.2015 = - 0,83 %
    01.01.2015 - 30.06.2015 = - 0,83 %
    01.07.2014 - 31.12.2014 = - 0,73 %
    01.01.2014 - 30.06.2014 = - 0,63 %
    01.07.2013 - 31.12.2013 = - 0,38 %
Ältere Basiszinssätze finden Sie im Internet unter:
www.destatis.de - Themen - Konjunkturindikatoren - Verbraucherpreise - Preisindizes im Überblick

Eventuelle Änderungen, die nach Ausarbeitung dieses Informationsschreibens erfolgen, können erst in der nächsten Ausgabe berücksichtigt werden!
Verbraucherpreisindex
Verbraucherpreisindex (2020 = 100)

2024
118,6  März
118,1  Februar
117,6  Januar

2023
117,4  Dezember
117,3  November
117,8  Oktober
117,8  September
117,5  August
117,1  Juli
116,8  Juni
116,5  Mai
116,6  April

Ältere Verbraucherpreisindizes finden Sie im Internet unter:
http://www.destatis.de - Konjunkturindikatoren - Verbraucherpreise

Wirtschaftsrecht

Urlaubsbuchung trotz Reisewarnung
Die Pandemie steht momentan zwar nicht mehr im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses, sie bleibt jedoch weiterhin ein Thema im Reiserecht. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat im September 2023 ein richtungsweisendes Urteil gefällt, welches die Risikoverteilung deutlich macht.

In dem entschiedenen Fall entschloss sich ein Ehepaar, trotz einer bestehenden Reisewarnung des Auswärtigen Amts aufgrund der Covid-19-Pandemie, im September 2020 eine Reise über 7.700 € in die Dominikanische Republik zu buchen. Die Anzahlung betrug 1.540 €. Kurz vor dem geplanten Abreisetermin bekam die Ehefrau jedoch Bedenken, sagte die Reise kurzfristig ab und forderte die Erstattung der Anzahlung.  Der Reiseanbieter stellte eine Stornorechnung über 5.775 € und forderte die Reisenden zur Zahlung abzüglich der Anzahlung auf.

Die BGH-Richter entschieden zugunsten des Reiseveranstalters. So stellt nach Auffassung des Gerichts eine Reisewarnung des Auswärtigen Amts i.d.R. ein erhebliches Indiz für das Vorliegen außergewöhnlicher Umstände am Bestimmungsort dar. Dabei ist es bedeutend, ob eine solche Reisewarnung bereits bei Abschluss des Reisevertrags bestand. Eine Buchung trotz dieser Bedingungen kann u.U. in der Erwartung erfolgen, dass sich die Verhältnisse bis zum Zeitpunkt des Reisebeginns bessern. Ein Reisender, der bei der Buchung keinen diesbezüglichen Vorbehalt äußert, bringt gewöhnlich aber zum Ausdruck, dass er die aufgrund der Warnung indizierten Risiken in Kauf nimmt. Deshalb ist es ihm i.d.R. zumutbar, die Reise auch dann anzutreten, wenn die Reisewarnung bei Reisebeginn weiterhin oder wieder besteht und die Risikolage sich nicht substantiell verändert hat.
Bauleistungen – Verjährungsverlängerung nicht über WhatsApp
Nach der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB/B) hat der Auftragnehmer dem Auftraggeber seine Leistung zum Zeitpunkt der Abnahme frei von Sachmängeln zu verschaffen. Beinhaltet der Vertrag für Mängelansprüche keine Verjährungsfrist, so beträgt sie u.a. für Bauwerke 4 Jahre und für andere Werke, deren Erfolg in der Herstellung, Wartung oder Veränderung einer Sache besteht, 2 Jahre und beginnt mit der Abnahme der gesamten Leistung. Nur für in sich abgeschlossene Teile der Leistung beginnt sie mit der Teilabnahme.

Der Auftragnehmer ist verpflichtet, alle während der Verjährungsfrist hervortretenden Mängel, die auf vertragswidrige Leistung zurückzuführen sind, auf seine Kosten zu beseitigen, wenn es der Auftraggeber vor Ablauf der Frist schriftlich verlangt. Der Anspruch auf Beseitigung der gerügten Mängel verjährt in 2 Jahren, gerechnet vom Zugang des schriftlichen Verlangens an. Das Oberlandesgericht Frankfurt a.M. hat nun entschieden, dass eine WhatsApp-Nachricht diese Anforderung nicht erfüllt, denn hier fehlt es an der erforderlichen Schriftlichkeit.
„Zentrum“ als Bezeichnung einer Gemeinschaftspraxis
In einem vom Oberlandesgericht Frankfurt a.M. (OLG) entschiedenen Fall betrieben zwei Fachärzte eine Gemeinschaftspraxis, die sie als „Zentrum für plastische und ästhetische Chirurgie“ bezeichneten. Ein plastischer Chirurg hielt diese Bezeichnung für irreführend.

Die OLG-Richter entschieden, dass die Öffentlichkeit grundsätzlich bei dem Begriff „Zentrum“ eine personelle und sachliche Struktur eines Unternehmens erwartet, die über vergleichbare Durchschnittsunternehmen hinausgeht. Im medizinischen Bereich jedenfalls weist der Begriff „Zentrum“ nicht auf eine besondere Größe hin. Der Gesetzgeber gibt Medizinischen Versorgungszentren keine Mindestgröße vor. Die Bezeichnung einer aus zwei Ärzten bestehenden Gemeinschaftspraxis als „Zentrum“ für plastische und ästhetische Chirurgie ist damit nicht irreführend und unlauter.
Gesellschafterversammlung – Pflicht zur Ladung der Erben bei Tod eines Gesellschafters
In einem vom Oberlandesgericht Brandenburg (OLG) entschiedenen Fall stand die Frage im Fokus, ob eine Gesellschafterversammlung ohne die Einladung der Erben eines verstorbenen Geschäftsführers und Mitgesellschafters eine neue Geschäftsführung wirksam bestellen kann.

Das Gericht urteilte, dass die Ladung der Erben essenziell ist und eine ohne deren Einladung abgehaltene Versammlung nicht zu einer wirksamen Neubestellung führen kann.  Sofern die Erben nicht bekannt sind, sollte eine Nachlasspflegschaft beantragt werden. Der dabei bestellte Nachlasspfleger vertritt dann die Erben.

Der Beschluss des OLG verdeutlicht wieder einmal die nicht zu unterschätzende Relevanz von Nachfolgeregelungen. Bei der Errichtung des Gesellschaftsvertrags sollte somit darauf geachtet werden, dass dieser für den Fall des Versterbens eines Gesellschafters eindeutige und vor allem abschließende Nachfolgeregelungen enthält.
Schadensersatz – Pflichtverletzung im Rahmen einer Kaufrückabwicklung
Die Ablehnung des Verkäufers, die fehlerhafte Ware zurückzunehmen, die der Käufer nach seinem Rückzug aus dem Kaufvertrag angeboten hat, könnte in bestimmten Einzelfällen als Missachtung der Pflicht zur gegenseitigen Rücksichtnahme gewertet werden. Dies kann zu einem Anspruch des Käufers auf Schadensersatz gegen den Verkäufer führen.

In einem vom Bundesgerichtshof (BGH) entschiedenen Fall hatte ein Bauunternehmen von einem Lieferanten 22.000 t Recycling-Schotter gekauft. Vier Jahre später stellte sich heraus, dass dieser mit Arsen belastet war. Der Lieferant weigerte sich jedoch, das Material zurückzunehmen. Das Bauunternehmen musste – aufgrund eines durch die Bauherrin angestrengten Prozesses – das Material selbst entfernen und neues einbringen. Die 1. Klage des Bauunternehmens gegen den Lieferanten hatte Erfolg und dieser musste den Kaufpreis zurückzahlen sowie die Mehrkosten für neuen, mangelfreien Schotter übernehmen. Der Lieferant weigerte sich jedoch den kontaminierten Schotter abzuholen. Daraufhin kam es zu einem weiteren Rechtsstreit und der Bauunternehmer verlangte u.a. die Übernahme der Kosten für den Ausbau und Abtransport des Schotters (über 800 Lkw-Fuhren) in Höhe von ca. 1,3 Mio. €. In den beiden ersten Instanzen verlor er, doch vor dem BGH hatte das Bauunternehmen Erfolg.
Nichtbeachtung einer Formvorschrift
Mündlich abgeschlossene Verträge können grundsätzlich rechtsverbindlich sein. Das gilt aber nicht, wenn das Gesetz eine besondere Form für den jeweiligen Vertrag vorschreibt. In einem vom Oberlandesgericht Oldenburg (OLG) entschiedenen Fall ging es um einen Verbraucher-Bauvertrag, welcher der Textform bedarf.

In dem Fall aus der Praxis verlangte ein Bauunternehmer von der Bauherrin die Zahlung offener Rechnungen über rund 80.000 € für die Errichtung einer privat genutzten Doppelhaushälfte. Diese hielt dagegen die Bauarbeiten für mangelhaft und der Bauunternehmer hätte daher nur einen Anspruch auf den geminderten Werklohn.

Der Fall landete vor dem OLG und dieses machte die beiden Parteien auf eine Gesetzesänderung zum 1.1.2018 aufmerksam. Nach dieser bedürfen Verbraucher-Bauverträge der Textform. Der Vertrag benötigt zwar keine Unterschriften, der gesamte Vertrag (und damit auch der Zuschlag der Bauherrin) muss aber in einem Text (z.B. E-Mail, Fax o.ä.) dokumentiert sein. Da der Bauvertrag im 2. Halbjahr 2018 geschlossen und die Gesetzesänderung nicht bedacht wurde, war der Vertrag wegen des Formverstoßes von vornherein nichtig. Damit fehlte für die Berechnung des Werklohns eine vertragliche Grundlage und auch die Gewährleistungsansprüche der Bauherrin setzten einen wirksamen Vertrag voraus. Die Parteien haben daraufhin eine gütliche Einigung erzielt.

Anmerkung: Vor diesem Hintergrund sollte bei einem Vertragsabschluss genau auf die gültigen Formvorschriften geachtet werden.
Mängel an Photovoltaikanlage verjähren nach 5 Jahren
Die Aufstellung einer Photovoltaikanlage, die fest mit dem Dach verbunden worden ist, stellt ein Bauwerk da. Damit beträgt die Verjährungsfrist für Mängelansprüche 5 Jahre und beginnt mit der Abnahme der Anlage. Diese kann z.B. auch durch die stillschweigende und vorbehaltlose Bezahlung der Rechnung erfolgen. Wird ein Mangel jedoch arglistig verschwiegen, verjähren die Ansprüche in der regelmäßigen Verjährungsfrist. Diese beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem der Käufer Kenntnis von der Mangelhaftigkeit erlangte.
Entgangener Gewinn wegen Pflichtverletzung eines Leiharbeitnehmers
Sofern ein Arbeitnehmer seine Pflicht aus seinem Arbeitsverhältnis verletzt (hier: nicht bzw. nicht weisungsgemäß erbrachte Arbeitsleistung), kann der Arbeitgeber Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Fordert ein Arbeitgeber einen solchen Schadensersatz, hat er sowohl die Pflichtverletzung als auch Vorsatz oder Fahrlässigkeit sowie den Schaden und die Ursächlichkeit der Pflichtverletzung für den Schaden darzulegen und ggf. zu beweisen.

Im Falle der Arbeitnehmerüberlassung unterliegt der Leiharbeitnehmer den Weisungen des Entleihers. Kommt ein Leiharbeitnehmer den Weisungen des Entleihers schuldhaft nicht nach und hat der Verleiher aufgrund dessen keinen Vergütungsanspruch gegenüber dem Entleiher, kann dadurch ein Schaden in Form eines entgangenen Gewinns entstehen, entschieden die Richter des Landesarbeitsgerichts Mecklenburg-Vorpommern in ihrem Urteil v. 2.11.2023.
Auskunftsanspruch eines Gesellschafters über Mitgesellschafter
Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte sich am 24.10.2023 mit der Zulässigkeit von Auskunftsersuchen eines Gesellschafters hinsichtlich der Namen, Anschriften und Beteiligungshöhe seiner Mitgesellschafter zu befassen. Insbesondere ging es darum, ob solche Auskunftsersuchen, die auch dem Zweck dienen, diesen Mitgesellschaftern Kaufangebote für ihre Anteile zu unterbreiten, eine unzulässige Rechtsausübung oder einen Missbrauch des Auskunftsrechts darstellen und ob datenschutzrechtliche Bestimmungen dem entgegenstehen.

Der BGH stellte klar, dass ein Auskunftsersuchen, welches auch dem Ziel dient, Kaufangebote für Anteile zu unterbreiten, keine unzulässige Rechtsausübung und keinen Missbrauch des Auskunftsrechts darstellt. Ferner führte er aus, dass einem solchen Auskunftsbegehren auch nicht die Regelungen der Datenschutz-Grundverordnung entgegenstehen. Der BGH bekräftigte, dass das Auskunftsrecht eines Gesellschafters ein legitimes Interesse darstellt und dass es nicht durch Vereinbarungen im Gesellschafts- oder Treuhandvertrag ausgeschlossen werden kann.

Diese Entscheidung verdeutlicht, dass der BGH das Auskunftsrecht der Gesellschafter als wesentlich für die Ausübung ihrer Rechte innerhalb der Gesellschaft ansieht und dass dieses Recht auch im Kontext des Erwerbs weiterer Anteile zur Stärkung der eigenen Position innerhalb der Gesellschaft genutzt werden kann, ohne dass dies als Missbrauch des Auskunftsrechts oder als Verstoß gegen Datenschutzbestimmungen gewertet wird.
Werkstattrisiko – Reparaturkosten nach einem Unfall
Der Geschädigte eines Verkehrsunfalls ist berechtigt, sein beschädigtes Fahrzeug zur Reparatur in eine Werkstatt zu geben und vom Unfallverursacher den hierfür erforderlichen Geldbetrag zu verlangen. Das Werkstattrisiko liegt dabei grundsätzlich beim Schädiger.

In seiner Entscheidung vom 16.1.2024 stellte der Bundesgerichtshof (BGH) klar, dass das Werkstattrisiko nicht nur für solche Rechnungspositionen greift, die ohne Schuld des Geschädigten, etwa wegen unsachgemäßer oder unwirtschaftlicher Ansätze von Material oder Arbeitszeit, überhöht sind. Ersatzfähig sind vielmehr auch diejenigen Rechnungspositionen, die sich auf – für den Geschädigten nicht erkennbar – tatsächlich nicht durchgeführte einzelne Reparaturschritte und -maßnahmen beziehen.

In einem weiteren Urteil entschied der BGH, dass der Geschädigte bei Beauftragung einer Fachwerkstatt grundsätzlich darauf vertrauen darf, dass diese keinen unwirtschaftlichen Weg für die Schadensbeseitigung wählt. Er muss daher nicht vor der Beauftragung der Fachwerkstatt ein Sachverständigengutachten einholen um den Reparaturauftrag auf dieser Grundlage zu erteilen.

Arbeitsrecht

Anpassung einer Zulage bei Aufstockung der Arbeitszeit
Das TzBfG (Teilzeit- und Befristungsgesetz) in Deutschland regelt unter anderem die Möglichkeiten für Arbeitnehmer, ihre Arbeitszeit zu verringern oder zu verlängern. Das Gesetz gibt jedoch keine Auskunft darüber, wie sich eine Änderung der Arbeitszeit auf das Gehalt oder andere Leistungen, die der Arbeitnehmer als Gegenleistung für seine Arbeit erhält, auswirken wird.

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat in seinem Urteil v. 13.12.2023 klargestellt, dass ein Arbeitnehmer, der seine Arbeitszeit auf eine Vollzeitbeschäftigung erhöht, einen Anspruch darauf hat, dass sein Gehalt entsprechend dem Umfang der Arbeitszeiterhöhung anteilig angepasst wird. Das bedeutet, wenn die Arbeitszeit eines Mitarbeiters erhöht wird, muss auch das Gehalt in einem angemessenen Verhältnis zu dieser Erhöhung steigen. Dazu gehört auch eine vereinbarte Zulage.

In einem Fall aus der Praxis verdoppelte eine Arbeitnehmerin ihre Arbeitszeit auf eine Vollzeitstelle. Neben dem Gehalt war auch eine Leistungszulage von 250 € während der Teilzeitbeschäftigung vereinbart. Die Arbeitnehmerin war der Auffassung, dass auch diese angepasst werden müsste, der Arbeitgeber verweigerte dies jedoch. Die BAG-Richter entschieden zugunsten der Arbeitnehmerin.
Entgeltfortzahlung bei Fortsetzungserkrankung
Ein Arbeitnehmer kann seinen Anspruch auf weitere Lohnfortzahlung verlieren, wenn er nach einer sechswöchigen Lohnfortzahlung wegen Krankheit erneut krankheitsbedingt ausfällt und es sich dabei um eine Fortsetzung der ursprünglichen Erkrankung handelt.

Behauptet er, dass es sich um eine neue, unabhängige Erkrankung handelt, der Arbeitgeber dieses jedoch bezweifelt, ist es am Mitarbeiter, Beweise oder Indizien vorzulegen, die darauf hindeuten, dass keine weiterführende Krankheit besteht. Die bloße Angabe des Diagnosecodes aus dem Krankenschein ist nicht ausreichend, um eine Fortsetzungskrankheit auszuschließen. In solchen Fällen kann es u.U. notwendig sein, dass der Mitarbeiter seine behandelnden Ärzte von der ärztlichen Schweigepflicht entbindet, um die Situation weiter zu klären.
Befristet Beschäftigte haben Anspruch auf Nennung der Kündigungsgründe
Ein befristet beschäftigter Arbeitnehmer ist über die Gründe der ordentlichen Kündigung seines Arbeitsvertrags zu informieren, wenn vorgesehen ist, dass Dauerbeschäftigten diese Information mitgeteilt wird. Eine nationale Regelung, die vorsieht, dass nur Dauerbeschäftigte über die Kündigungsgründe informiert werden, verstößt nach der Auffassung der Richter des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) gegen das Grundrecht des befristet beschäftigten Arbeitnehmers. Zudem kommt der EuGH zu dem Schluss, dass die Dauer eines Arbeitsverhältnisses keine Benachteiligung von zeitlich befristet eingestellten Mitarbeitern rechtfertigen kann.
Sonderzahlungen – Berücksichtigung beim Mindestlohn
Der Mindestlohnanspruch ist unabhängig vom arbeitsvertraglichen Entgeltanspruch und entsteht mit jeder geleisteten Arbeitsstunde. Dabei sind alle im Arbeitsvertrag stehenden Entgeltleistungen des Arbeitgebers geeignet, den Mindestlohnanspruch zu erfüllen. Zahlungen, die der Arbeitgeber ohne Rücksicht auf eine tatsächliche Arbeitsleistung des Arbeitnehmers erbringt, erfüllen den Mindestlohnanspruch dagegen nicht.

Nach einem Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg kann der Arbeitgeber nicht eigenmächtig entscheiden, bisherige Sonderzahlungen wie Urlaubs- oder Weihnachtsgeld in monatliche Raten aufzuteilen und diese Beträge dann anteilig auf den gesetzlichen Mindestlohn anzurechnen. Auch ein vom Arbeitgeber gezahlter Arbeitgeberanteil an den vermögenswirksamen Leistungen ist nicht mindestlohnwirksam.
Schulungsanspruch des Betriebsrats – Webinar oder Präsenzschulung
Nach dem Betriebsverfassungsgesetz haben Betriebsräte Anspruch auf für die Betriebsratsarbeit erforderliche Schulungen, deren Kosten der Arbeitgeber tragen muss. Davon können Übernachtungs- und Verpflegungskosten für ein auswärtiges Präsenzseminar auch dann erfasst sein, wenn derselbe Schulungsträger ein inhaltsgleiches Webinar anbietet.

Die Richter des Bundesarbeitsgerichts führten dazu aus, dass ein Betriebsrat bei der Beurteilung, zu welchen Schulungen er seine Mitglieder entsendet, einen gewissen Spielraum hat. Dieser umfasst grundsätzlich auch das Schulungsformat. Dem steht nicht von vornherein entgegen, dass bei einem Präsenzseminar im Hinblick auf die Übernachtung und Verpflegung höhere Kosten anfallen. Das gilt auch für Personalvertretungen.
Zweifel an AU-Bescheinigungen
Die Glaubwürdigkeit von AU-Bescheinigungen kann in Frage gestellt werden, wenn ein Arbeitnehmer nach Erhalt einer Kündigung mehrere aufeinanderfolgende AU-Bescheinigungen vorlegt, deren Gültigkeitsdauer genau bis zum Ende der Kündigungsfrist reicht, und er direkt nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses eine neue Stelle antritt.

In dem vom Bundesarbeitsgericht (BAG) entschiedenen Fall legte ein seit März 2021 als Helfer beschäftigter Arbeitnehmer (AN) am 2.5.2022 eine AU-Bescheinigung für die Zeit vom 2.–6.5.2022 vor. Mit Schreiben vom 2.5.2022, das dem AN am 3.5.2022 zuging, kündigte der Arbeitgeber (AG) das Arbeitsverhältnis zum 31.5.2022. Mit Folgebescheinigungen vom 6.5.2022 und vom 20.5.2022 wurde AU bis zum 20.5.2022 und bis zum 31.5.2022 (einem Dienstag) bescheinigt. Ab dem 1.6.2022 war der AN wieder arbeitsfähig und nahm eine neue Beschäftigung auf. Der AG verweigerte die Entgeltfortzahlung mit der Begründung, der Beweiswert der vorgelegten AU-Bescheinigungen sei erschüttert.

Die BAG-Richter kamen zu der Entscheidung, dass für die Bescheinigung vom 2.5.2022 der Beweiswert nicht erschüttert ist. Nach den getroffenen Feststellungen hatte der AN zum Zeitpunkt der Vorlage der AU-Bescheinigung keine Kenntnis von der beabsichtigten Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Bezüglich der AU-Bescheinigungen vom 6.5.2022 und vom 20.5.2022 wird der Beweiswert dagegen angezweifelt. So bestand zwischen der in den Folgebescheinigungen festgestellten passgenauen Verlängerung der AU und der Kündigungsfrist eine zeitliche Koinzidenz. Ferner hatte der AN unmittelbar nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine neue Beschäftigung aufgenommen. Dies hat zur Folge, dass nunmehr der AN für die Zeit vom 7.–31.5.2022 die volle Darlegungs- und Beweislast für das Bestehen krankheitsbedingter AU als Voraussetzung für den Entgeltfortzahlungsanspruch trägt.
Konkretisierung des Dienstplans – Pflicht zum Lesen dienstlicher SMS
Sofern ein Arbeitnehmer aufgrund betrieblicher Vereinbarungen weiß, dass der Arbeitgeber Details zur Arbeitszeit und zum Arbeitsort für den nächsten Tag noch präzisiert, ist er verpflichtet, eine solche, per SMS mitgeteilte Weisung, auch in seiner Freizeit zu beachten und zur Kenntnis zu nehmen. Die Ruhezeit wird durch die Kenntnisnahme nicht unterbrochen. Der eigentliche Moment der Kenntnisnahme der SMS stellt sich als zeitlich derart geringfügig dar, dass nicht von einer erheblichen Beeinträchtigung der Freizeit ausgegangen werden kann.

In einem vom Bundesarbeitsgericht am 23.8.2023 entschiedenen Fall war in einer Betriebsvereinbarung u.a. geregelt, dass Springerdienste in der Jahresplanung einem Wochentag der Vertreterwoche verbindlich zugewiesen werden. Sollte zu diesem Zeitpunkt keine konkrete Schichtzuteilung möglich sein, erfolgt die Zuteilung von unkonkreten Tag-, Spät- und Nachtdiensten. Unkonkret zugeteilte Springerdienste können für Tag- und Spätdienste bis 20 Uhr des Vortags vor Dienstbeginn im Dienstplan weiter konkretisiert werden. Geschieht dies nicht, findet sich der Mitarbeiter zu Dienstbeginn am vom Arbeitgeber zugewiesenen Dienstort ein. Der Arbeitgeber teilte einen Arbeitnehmer in zwei Zeiträumen zu einem unkonkreten Springerdienst ein. Einen Tag vorher informierte ihn der Arbeitgeber per SMS, nachdem der Arbeitnehmer telefonisch nicht erreichbar war. Der Arbeitnehmer meldete sich jedoch am Folgetag erst zum ursprünglich festgelegten Arbeitsbeginn. Der Arbeitgeber wertete dies als unentschuldigte Fehlzeit und erteilte eine Abmahnung.

Die Richter entschieden zugunsten des Arbeitgebers.
Entgangener Gewinn wegen Pflichtverletzung eines Leiharbeitnehmers
Sofern ein Arbeitnehmer seine Pflicht aus seinem Arbeitsverhältnis verletzt (hier: nicht bzw. nicht weisungsgemäß erbrachte Arbeitsleistung), kann der Arbeitgeber Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Fordert ein Arbeitgeber einen solchen Schadensersatz, hat er sowohl die Pflichtverletzung als auch Vorsatz oder Fahrlässigkeit sowie den Schaden und die Ursächlichkeit der Pflichtverletzung für den Schaden darzulegen und ggf. zu beweisen.

Im Falle der Arbeitnehmerüberlassung unterliegt der Leiharbeitnehmer den Weisungen des Entleihers. Kommt ein Leiharbeitnehmer den Weisungen des Entleihers schuldhaft nicht nach und hat der Verleiher aufgrund dessen keinen Vergütungsanspruch gegenüber dem Entleiher, kann dadurch ein Schaden in Form eines entgangenen Gewinns entstehen, entschieden die Richter des Landesarbeitsgerichts Mecklenburg-Vorpommern in ihrem Urteil v. 2.11.2023.
Nachvertragliches Wettbewerbsverbot
Nach den im Handelsgesetzbuch zum Ausdruck gekommenen Rechtsgrundsätzen sind Wettbewerbsverbote nur dann zulässig, wenn sie dem Schutze eines berechtigten Interesses des Gesellschaftsunternehmens dienen und nach Ort, Zeit und Gegenstand die Berufsausübung und wirtschaftliche Betätigung des Geschäftsführers nicht unbillig erschweren. Wobei der insofern vorzunehmende Interessenausgleich eine umfassende Berücksichtigung der jeweiligen Umstände des Einzelfalles erfordert, insbesondere auch die Berücksichtigung des Zwecks, der mit der Vereinbarung des Wettbewerbsverbots verfolgt wird. Insbesondere darf es rechtlich nicht dazu eingesetzt werden, den ehemaligen Geschäftsführer als potenziellen Wettbewerber auszuschalten.

In einem vom Oberlandesgericht Köln (OLG) entschiedenen Fall sah ein Wettbewerbsverbot vor, dass es einer Geschäftsführerin untersagt ist, als Mitglied der Geschäftsführung oder als Angestellte oder Beraterin oder Vertreterin oder auf sonstige Weise für ein Unternehmen oder eine Person direkt oder indirekt tätig zu sein, die eine Konkurrenztätigkeit ausführt. Die Richter des OLG kamen zu der Entscheidung, dass dieses Verbot unwirksam ist, da es jedwede Tätigkeit für ein Konkurrenzunternehmen untersagt und damit gegenständlich zu weit geht. Insofern verbietet die Klausel nämlich eine Tätigkeit der Geschäftsführerin selbst dann, wenn sie dort z.B. in einem Bereich tätig wäre, in dem das Konkurrenzunternehmen gar nicht konkurriert.
Quarantäne wegen Covid-19 – keine Anrechnung auf Jahresurlaub
Das Unionsrecht verlangt nicht, dass ein Arbeitnehmer, der während seines bezahlten Jahresurlaubs aufgrund eines Kontakts mit einer mit einem Virus infizierten Person unter Quarantäne gestellt worden ist, den Jahresurlaub auf einen späteren Zeitraum übertragen kann.

Der bezahlte Jahresurlaub bezweckt, es dem Arbeitnehmer zu ermöglichen, sich von der Ausübung der ihm nach seinem Arbeitsvertrag obliegenden Aufgaben zu erholen und über einen Zeitraum der Entspannung und Freizeit zu verfügen. Anders als eine Krankheit steht ein Quarantänezeitraum als solcher der Verwirklichung dieser Zwecke nicht entgegen. Folglich ist der Arbeitgeber nicht verpflichtet, die Nachteile auszugleichen, die sich aus einem unvorhersehbaren Ereignis wie einer Quarantäne ergeben, das seinen Arbeitnehmer daran hindern könnte, seinen Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub uneingeschränkt und wie gewünscht zu nutzen.

Sozialrecht

Entgeltfortzahlung bei Fortsetzungserkrankung
Ein Arbeitnehmer kann seinen Anspruch auf weitere Lohnfortzahlung verlieren, wenn er nach einer sechswöchigen Lohnfortzahlung wegen Krankheit erneut krankheitsbedingt ausfällt und es sich dabei um eine Fortsetzung der ursprünglichen Erkrankung handelt.

Behauptet er, dass es sich um eine neue, unabhängige Erkrankung handelt, der Arbeitgeber dieses jedoch bezweifelt, ist es am Mitarbeiter, Beweise oder Indizien vorzulegen, die darauf hindeuten, dass keine weiterführende Krankheit besteht. Die bloße Angabe des Diagnosecodes aus dem Krankenschein ist nicht ausreichend, um eine Fortsetzungskrankheit auszuschließen. In solchen Fällen kann es u.U. notwendig sein, dass der Mitarbeiter seine behandelnden Ärzte von der ärztlichen Schweigepflicht entbindet, um die Situation weiter zu klären.
Versicherter Arbeitsweg und unversicherter Abweg
Die gesetzliche Unfallversicherung bietet u.a. Versicherungsschutz bei Unfällen auf dem Weg von und zur Arbeit (sog. Wegeunfälle). Auch ein Abweichen von dem direkten Arbeitsweg kann unter bestimmten Voraussetzungen gesetzlich unfallversichert sein. Dabei muss aber ein ausreichender Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit bestehen bleiben. Eine solche Ausnahme kommt gesetzlich etwa für einen vom Arbeitsweg abweichenden Weg in Betracht, um ein Kind wegen der beruflichen Tätigkeit der Betreuung Dritter anzuvertrauen.

Bewegt sich der Versicherte nicht auf einem direkten Weg in Richtung seines Ziels, sondern in entgegengesetzter Richtung von diesem fort, handelt es sich eben nicht um einen bloßen Umweg, sondern um einen Abweg. Wird der direkte Weg mehr als geringfügig unterbrochen und ein solcher Abweg allein aus eigenwirtschaftlichen, also nicht betrieblichen Gründen zurückgelegt, besteht kein Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung.

Das Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) hatte über nachfolgenden Sachverhalt zu entscheiden: Eine Arbeitnehmerin begleitete ihre Tochter im Grundschulalter zu einem Sammelpunkt auf dem Schulweg. Dieser lag, von der Wohnung aus gesehen, in entgegengesetzter Richtung zur Arbeitsstätte. Auf dem Weg vom Sammelpunkt zu ihrer Arbeit, aber noch vor Erreichen des Wegstücks von ihrer Wohnung zur Arbeit, wurde die Arbeitnehmerin von einem PKW erfasst. Die LSG-Richter verneinten das Vorliegen eines Arbeitsunfalls, da sich der Unfall auf einem unversicherten Abweg ereignete. Die Mutter begleitete ihre Tochter nicht – wie für den gesetzlichen Unfallversicherungsschutz insoweit erforderlich – zum Sammelpunkt, um ihrer Beschäftigung nachzugehen, sondern allein und ausschließlich aus allgemeinen Sicherheitserwägungen zum Schutz der Tochter.
Sozialversicherungsstatus eines Fahrradkuriers
Das Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) hatte zu entscheiden, ob es sich bei der Tätigkeit als Fahrradkurier um eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung handelt. So ist es nach Auffassung des LSG nicht wichtig, welche Art von Verträgen normalerweise in dieser Branche verwendet werden oder was als „übliche Praxis“ angesehen wird. Auch die Vorstellung davon, wie typischerweise der Beruf eines Kuriers aussieht, oder die Tatsache, dass diese Arbeit oft nur kurzzeitig, nebenher oder von Studenten ausgeführt wird, sind nicht entscheidend. Für die Beurteilung der Selbstständigkeit ist vielmehr ausschlaggebend, wie die Arbeit tatsächlich ausgeführt wird und in welchem Verhältnis der Kurier zum Auftraggeber steht. Dabei unterscheidet man, ob er eigenständig agiert oder Weisungen des Auftraggebers folgt. Die Tätigkeit eines Kurierfahrers ist demnach sowohl in abhängiger Beschäftigung als auch als selbstständige Arbeit möglich.

Die LSG-Richter kamen zu der Entscheidung, dass in dem vorliegenden Fall die Fahrradkuriere abhängig beschäftigt waren. Maßgebliches Indiz für eine abhängige Beschäftigung war die Eingliederung in den Betrieb in zentralen Punkten. Dies stellt ein eigenständig zu betrachtendes Indiz neben einer Weisungsgebundenheit der Tätigkeit dar. Eine abhängige Beschäftigung war bei den mit den Botenfahrten betrauten Kurieren daher nicht schon dadurch ausgeschlossen, dass diese bei ihren Einsätzen in Bezug auf den organisatorischen und zeitlichen Ablauf der jeweiligen Tour und die Routenführung keinem arbeitgebertypischen Weisungsrecht unterlagen.
Kein Widerruf gegen einen Bescheid per „normaler“ E-Mail
Der Widerspruch gegen einen Bescheid (Verwaltungsakt) unterliegt gesetzlichen Formvorschriften. Er kann schriftlich oder zur Niederschrift bei der Behörde eingelegt werden. Wird er in elektronischer Form eingelegt, dann ist eine qualifizierte elektronische Signatur bzw. die Versendung per De-Mail erforderlich. Eine einfache E-Mail ist nicht ausreichend.

Nach den Ausführungen des Hessischen Landessozialgerichts muss erkennbar sein, dass nur solche Schreiben als Widerspruch gewertet werden, aus denen sich klar ergibt, dass sie von dem Betreffenden willentlich in den Verkehr gebracht worden sind. Dies ist bei einer einfachen E-Mail nicht gegeben.
Sog. „Pool-Arzt“ nicht automatisch selbstständig
Allein die Teilnahme am vertragszahnärztlichen Notdienst zwingt nicht automatisch zur Annahme einer selbstständigen Tätigkeit. Vielmehr ist auch dann eine Gesamtabwägung der konkreten Umstände vorzunehmen. In dem entschiedenen Fall übernahm ein Zahnarzt in den Jahren nach seinem Praxisverkauf überwiegend am Wochenende immer wieder Notdienste, die von der Kassenzahnärztlichen Vereinigung organisiert wurden. Sie betrieb ein Notdienstzentrum, in dem sie personelle und sächliche Mittel zur Verfügung stellte. Der Zahnarzt erhielt ein festes Stundenhonorar.

Die Richter des Bundessozialgerichts (BSG) hatten zu entscheiden, ob hier eine selbstständige Tätigkeit vorlag oder der Arzt sozialversicherungspflichtig beschäftigt war. Nach Auffassung des BSG war der Zahnarzt in die von der Kassenzahnärztlichen Vereinigung organisierten Abläufe eingebunden und hatte auf diese keinen entscheidenden, erst recht keinen unternehmerischen Einfluss. Er fand eine von dritter Seite organisierte Struktur vor, in der er sich fremdbestimmt einfügte. Dass er bei der konkreten medizinischen Behandlung als Zahnarzt frei und eigenverantwortlich handeln konnte, fiel nicht entscheidend ins Gewicht. Infolgedessen unterlag der Zahnarzt bei der vorliegenden Notdiensttätigkeit der Versicherungspflicht.
Sozialversicherung bei Selbstständigkeit und gleichzeitiger Beschäftigung
Nach dem SGB V tritt keine Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung ein, wenn hauptberuflich eine selbstständige Erwerbstätigkeit ausgeübt wird. Eine hauptberufliche Tätigkeit liegt vor, wenn diese Tätigkeit von ihrer wirtschaftlichen Bedeutung und ihrem zeitlichen Aufwand her die übrigen Erwerbstätigkeiten zusammen deutlich übersteigt und den Mittelpunkt der Erwerbstätigkeit darstellt.

Im entschiedenen Fall betrug in dem maßgeblichen Zeitraum das Arbeitseinkommen aus selbstständiger Tätigkeit ca. 2.210 € und das Arbeitsentgelt aus der abhängigen Beschäftigung ca. 1.620 €. Dass zur Erzielung dieser Einkünfte mehr Zeit für die abhängige Beschäftigung aufgewendet wurde (33 Std./Woche) als für die selbstständige Tätigkeit (20 Std./Woche), trat dabei in den Hintergrund. Weiterhin kam noch hinzu, dass der Selbstständige im maßgeblichen Zeitraum ohne großen Unterschied zur Zeit davor oder danach weiter ununterbrochen werbend am Markt aufgetreten war und Umsätze in erheblicher Höhe generierte.
Leistungsverbesserung in der gesetzlichen Pflegeversicherung
Die Reform der gesetzlichen Pflegeversicherung erfolgt in mehreren Schritten. Zum 1.7.2023 wurde bereits der Beitrag zur Pflegeversicherung angehoben, zum Januar 2024 gibt es Leistungsverbesserungen und zum 1.1.2025 werden sämtliche Leistungsbeträge nochmals angehoben. Hier einmal die wichtigsten Punkte der Leistungsverbesserungen zum 1.1.2024:

• Erhöhung des Pflegegelds und der ambulanten Sachleistungsbeträge um jeweils 5 %.

• Das Pflegeunterstützungsgeld kann von Angehörigen künftig pro Kalenderjahr für bis zu zehn Arbeitstage je pflegebedürftiger Person in Anspruch genommen werden. Bisher war es beschränkt auf einmalig insgesamt zehn Arbeitstage je pflegebedürftiger Person.

Familien mit pflegebedürftigen Kindern: Einführung des Anspruchs auf den gemeinsamen Jahresbetrag aus Verhinderungs- und Kurzzeitpflege für Pflegebedürftige der Pflegegrade 4 und 5, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben.

• Der Zugang pflegender Angehöriger zu Vorsorge- und Rehabilitationsleistungen wird erleichtert, indem die Möglichkeit zur Mitaufnahme des Pflegebedürftigen in die stationäre Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung der Pflegeperson erweitert und weiterentwickelt wird.

• Die Zuschläge, die die Pflegekasse an die Pflegebedürftigen in vollstationären Pflegeeinrichtungen zahlt, werden erhöht. Bei 0 – 12 Monaten Verweildauer wird der Zuschlag von 5 % auf 15 %, bei 13 – 24 Monaten von 25 % auf 30 %, bei 25 – 36 Monaten von 45 % auf 50 % und bei mehr als 36 Monaten von 70 % auf 75 % angehoben.

Die Leistungsbeträge für Verhinderungspflege und für Kurzzeitpflege werden zum 1.7.2025 in einem neuen gemeinsamen Jahresbetrag für Verhinderungspflege und Kurzzeitpflege zusammengeführt. Künftig steht damit ein Gesamtleistungsbetrag von bis zu 3.539 € zur Verfügung, den die Anspruchsberechtigten nach ihrer Wahl flexibel für beide Leistungsarten einsetzen können. Die bisherige sechsmonatige Vorpflegezeit vor erstmaliger Inanspruchnahme der Verhinderungspflege wird abgeschafft, sodass die Leistungen künftig unmittelbar ab Feststellung von mindestens Pflegegrad 2 genutzt werden können. Zum 1.1.2025 und zum 1.1.2028 werden die Geld- und Sachleistungen regelhaft in Anlehnung an die Preisentwicklung automatisch dynamisiert.
Freiwillig Versicherte – Einkommen beider Eheleute für Beitragshöhe maßgeblich
Die Höhe der Krankenversicherungsbeiträge richtet sich nach den beitragspflichtigen Einnahmen. Bei einem freiwillig Versicherten ist dessen gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zu berücksichtigen. Ist dessen Ehegatte oder Lebenspartner nicht Mitglied einer gesetzlichen Krankenkasse (GKV), so sind auch dessen Einnahmen bei der Beitragsberechnung zu berücksichtigen. Dies gilt für alle freiwillig Versicherten, nicht nur für die hauptberuflich selbstständig Tätigen.

In einem vom Hessischen Landessozialgericht (LSG) entschiedenen Fall wehrte sich eine freiwillig bei einer GKV versicherte Frau gegen die Festsetzung ihrer Versicherungsbeiträge. Das Einkommen ihres privat krankenversicherten Ehemanns hätte bei der Berechnung nicht berücksichtigt werden dürfen. Die Krankenkasse hingegen verwies auf die sog. „Verfahrensgrundsätze Selbstzahler“, nach welchen auch das Einkommen des Ehegatten zu berücksichtigen ist. Die Richter des LSG bestätigten die Auffassung der Krankenversicherung.
Kinderbetreuungskosten: Haushaltszugehörigkeit als Voraussetzung für steuerlichen Abzug
Der Bundesfinanzhof hat in einem Urteil vom 11.5.2023 eine Entscheidung in Bezug auf die steuerliche Absetzbarkeit von Kinderbetreuungskosten getroffen. Der Fall betraf einen Vater, der getrennt von der Mutter seiner Tochter lebte. Er versuchte, die Hälfte der Betreuungskosten für Kindergarten und Schulhort als Sonderausgaben von der Steuer abzusetzen. Das Finanzamt lehnte dies jedoch ab, da die Tochter nicht zum Haushalt des Vaters gehörte.

Das Gericht entschied, dass die von ihm getragenen Kosten nicht als Sonderausgaben abgezogen werden können, da die Tochter nicht zu seinem Haushalt gehörte. Die Richter stellten fest, dass die geltende Regelung nicht gegen das Grundgesetz verstößt. Sie argumentierten, dass die Regelung darauf abzielt, die finanzielle Belastung von Eltern zu mindern, die ihre Kinder in ihrem eigenen Haushalt betreuen und erziehen.

Darüber hinaus wurde in der Entscheidung darauf hingewiesen, dass der Vater bereits einen Freibetrag für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf erhielt. Dieser Freibetrag war höher als die von ihm getragenen Betreuungskosten. Aufgrund dieser Umstände wurde die Revision des Vaters als unbegründet zurückgewiesen.
Sozialversicherungspflicht eines mitarbeitenden GmbH-Gesellschafters
Ein GmbH-Gesellschafter, der in der Gesellschaft angestellt und nicht zum Geschäftsführer bestellt ist, ist regelmäßig abhängig beschäftigt. Bei der Statusbeurteilung eines Gesellschafter-Geschäftsführers kommt es nicht allein auf dessen Weisungsfreiheit im eigenen Tätigkeitsbereich an. Vielmehr muss dieser auch in der Lage sein, auf die Ausrichtung der Geschäftstätigkeit des Unternehmens insgesamt Einfluss zu nehmen und damit die GmbH wie ein Unternehmensinhaber zu lenken. Andernfalls ist er nicht im „eigenen“ Unternehmen tätig, sondern in funktionsgerecht dienender Weise in die GmbH als seine Arbeitgeberin eingegliedert. Dies gilt auch für mitarbeitende, nicht zum Geschäftsführer bestellte Gesellschafter.

In dem vom Bundessozialgericht entschiedenen Fall hatte ein Gesellschafter nur ein begrenztes Tätigkeitsfeld (Einkauf und Logistik) und konnte aufgrund seiner hälftigen Beteiligung am Stammkapital auch keinen maßgeblichen Einfluss auf die durch seinen Bruder ausgeübte Geschäftsführertätigkeit ausüben. Dass aufgrund familiärer Beziehungen faktisch eine gleichberechtigte Geschäftsführung des Unternehmens gelebt wurde, war für die Statusbeurteilung unerheblich.

Steuerrecht

Die E-Rechnung für Unternehmen ab 1.1.2025
In Deutschland wird die Ausstellung elektronischer Rechnungen im Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen (B2B) zukünftig verpflichtend. Diese Änderung ist Teil des sog. Wachstumschancengesetzes, welches am 22.3.2024 die letzte parlamentarische Hürde genommen hat.

Betroffen sind Lieferungen und Leistungen zwischen Unternehmen, wenn beide in Deutschland ansässig sind. Die Ansässigkeit wird definiert durch Sitz, Geschäftsleitung oder Betriebsstätte im Inland. Bei der inländischen Betriebsstätte eines ausländischen Unternehmens muss im Inland ein Teil der Umsätze von der Betriebsstätte aus realisiert werden. Bei Unsicherheiten empfiehlt es sich, steuerlichen Rat einzuholen.

Eine E-Rechnung ist eine in einem speziellen Format ausgestellte, übermittelte und empfangene Rechnung, die eine automatische Verarbeitung ermöglicht. Das Format muss einer EU-Norm entsprechen. Ausnahmen für bestimmte Formate können gemacht werden, sofern die erforderlichen Angaben in maschinenlesbarer Form vorliegen. Zu den zulässigen Formaten gehören beispielsweise XRechnung als rein maschinenlesbares Format und ZUGFeRD als hybrides Format, welches eine Kombination aus maschinenlesbaren Daten und einer für das menschliche Auge lesbaren PDF-Rechnung darstellt. Das teilweise bereits von Unternehmen genutzte EDI-Verfahren bleibt zulässig, könnte jedoch künftig Anpassungen erfordern.

Achtung: Eine reine PDF-Rechnung ist ab 1.1.2025 keine elektronische Rechnung mehr, sondern eine „sonstige Rechnung“.

Sämtliche Unternehmen ohne Ausnahme müssen ab 1.1.2025 in der Lage sein, elektronische Rechnungen zu empfangen. Nach derzeitigem Kenntnisstand betrifft dies z.B. auch Vermieter, Ärzte und PV-Anlagenbetreiber. Es sind noch nicht sämtliche Einzelfragen geklärt, evtl. gibt es noch einen weiteren Zeitaufschub. Es wird noch eine Klarstellung des Bundesfinanzministeriums (BMF) erwartet.

Ebenfalls ist der Versand von E-Rechnungen grundsätzlich für sämtliche Unternehmen verpflichtend. Hierbei gibt es Übergangsregelungen, die wie folgt aussehen:

  • Unternehmen mit einem Vorjahresumsatz > 800.000 € im B2B-Bereich müssen ab 1.1.2027 E-Rechnungen versenden. Bis 31.12.2026 dürfen es noch „sonstige Rechnungen“ sein, z.B. Papierrechnung, PDF-Rechnung.

  • Unternehmen mit einem Vorjahresumsatz < 800.000 € im B2B-Bereich dürfen bis 31.12.2027 noch „sonstige Rechnungen“ versenden.

  • Ab 1.1.2028 müssen alle Unternehmen im B2B-Bereich E-Rechnungen auch versenden können.

Wer zwischen dem 1.1.2025 und dem 31.12.2027 noch keine E-Rechnung nutzt, aber ein anderes digitales Format wie z.B. die Rechnung im PDF-Format versendet, benötigt die Zustimmung des Empfängers.

Keine E-Rechnungspflicht gibt es im B2B-Bereich grundsätzlich für nicht steuerbare oder steuerfreie Lieferungen und Leistungen, Kleinbetragsrechnungen unter 250 € und Fahrausweise. Für das Privatkundengeschäft (B2C) ist derzeit keine E-Rechnungspflicht geplant.

Wer seiner Verpflichtung zur Teilnahme am E-Rechnungsverkehr nicht wie vorgeschrieben oder zu spät nachkommt, riskiert unter Umständen steuerliche Nachteile und auch Bußgelder von bis zu 5.000 €.
Wachstumschancengesetz – ein kurzer Überblick
Das sog. Wachstumschancengesetz (WCG) ist am 28.3.2024 in Kraft getreten. Die Änderungen gelten größtenteils rückwirkend ab 2023 bzw. zum 1.1.2024, in Teilen aber auch erst ab 1.1.2025 oder später. Einige Steuerentlastungen sind zeitlich befristet. Die beschlossenen Maßnahmen betreffen vor allem Unternehmen und Investoren, aber auch Arbeitnehmer und Rentner.

Über gestrichene Maßnahmen und geringere Erhöhungen als zunächst angedacht wurde bereits berichtet. Hieran hat sich nichts geändert. Die Aussagen bleiben daher aktuell. Neben der Einführung der E-Rechnung für Unternehmen im B2B-Bereich nachfolgend ein kurzer Überblick über weitere wichtige Änderungen:

  • Unternehmen können ab 1.1.2024 Geschenke für Geschäftspartner bis zu 50 € als gewinnmindernde Betriebsausgabe absetzen.

  • Der berücksichtigungsfähige Bruttolistenpreis für elektrische Dienstwagen wurde auf 70.000 €
    erhöht.

  • Die bereits ausgelaufene Befristung der degressiven AfA auf bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens wurde für Anschaffungen zwischen dem 1.4.2024 und 31.12.2024 wieder eingeführt, max. jedoch den zweifachen Wert der linearen AfA bzw. 20 %.

  • Kleinunternehmer brauchen i.d.R. ab 2024 keine Umsatzsteuererklärung abzugeben.

  • Die Schwelle für die Abgabeverpflichtung einer Umsatzsteuervoranmeldung wird ab 2025 erhöht auf 2.000 €.

  • Die Möglichkeit zur Versteuerung nach vereinnahmten Entgelten wird ab 2024 auf 800.000 € erhöht.

  • Die Schwellenwerte zur Buchführungspflicht werden ebenfalls auf 800.000 € Umsatz bzw. 80.000 € Gewinn für Gewerbebetriebe sowie Land- und Forstwirtschaft für Wirtschaftsjahre nach dem 31.12.2023 angehoben.

  • Ferner gibt es Änderungen im Körperschaftsteuer- und Umwandlungssteuergesetz.

Die Freigrenze für private Veräußerungsgeschäfte erhöht sich ab 2024 auf 1.000 € und der Pauschbetrag für Berufskraftfahrer auf 9 €/Tag. Die Rentenbesteuerung wird für neue Rentenjahrgänge um 0,5 % reduziert und der Altersentlastungsbetrag entsprechend angepasst. Bei Forschungs- und Entwicklungsvorhaben sind jetzt auch Investitionskosten förderfähig.

Eine der kommenden Veröffentlichungen wird sich den Änderungen im Bereich der Erbschaftsteuer für beschränkt Steuerpflichtige widmen, ebenso wie dem digitalen Zuwendungsempfängerregister.
Pauschbeträge für Sachentnahmen 2024
Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat mit Schreiben vom 12.2.2024 die für das Kalenderjahr 2024 geltenden Pauschalbeträge bei Sachentnahmen (unentgeltliche Wertabgaben) für Nahrungsmittel und Getränke mitgeteilt. Hierbei handelt es sich um Jahresbeträge. Bei monatlicher Buchung sind die Beträge zu zwölfteln.

Der Gesetzgeber nimmt an, dass Personen, die Nahrungsmittel und Getränke gewerblich verkaufen, diese auch privat konsumieren. Bei privatem Verzehr oder Verbrauch müssen Einzelaufzeichnungen über die entnommenen Werte buchhalterisch erfasst werden. Dieser Aufwand lohnt sich in der Regel nur bei geringem Eigenverbrauch.

Aus Vereinfachungsgründen hat der Gesetzgeber deshalb Sachentnahme-Pauschalwerte eingeführt, die sich je nach Betriebszweig unterscheiden. Wer eine Gaststätte, egal welcher Art, ein Café, eine Bäckerei, Konditorei, Fleischerei, einen Einzelhandel für Lebensmittel oder Getränke, Obst- oder Gemüseeinzelhandel oder Milcherzeugnis- oder Eiereinzelhandel betreibt, findet in der Liste des BMF (www.bundesfinanzministerium.de - Themen - Steuern - Steuerverwaltung & Steuerrecht - Betriebsprüfung - Richtsatzsammlung / Pauschbeträge) die für ihn gültigen Sachentnahmewerte. Eine Einzelaufzeichnung ist bei Verwendung des Pauschalwertes nicht notwendig.

Der Bäckereiinhaber wird auch nicht als Lebensmitteleinzelhändler qualifiziert, wenn er zusätzlich einen Kühlschrank im Verkaufsraum stehen hat, aus dem er z.B. Milch, Käse und Eier verkauft und die Einnahmen hieraus von untergeordneter Bedeutung sind. Es ist nur ein Pauschbetrag anzusetzen, und zwar der höhere von beiden.

Immer einzeln aufgezeichnet und in der Buchhaltung erfasst werden müssen Entnahmen, die nicht Nahrungsmittel oder Getränke sind, z.B. Tabak, Zeitschriften, Bekleidung oder Elektroartikel.
Falscher Umsatzsteuerausweis bei Rechnung an Endverbraucher schadet nicht
Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat mit Schreiben vom 27.2.2024 klargestellt, dass ein unrichtiger, höherer Umsatzsteuerausweis eines Unternehmers auf Rechnungen an Endverbraucher nicht mehr dazu führt, dass der Unternehmer die höhere Umsatzsteuer an das Finanzamt abführen muss.

Für Rechnungen mit erhöhtem falschen Umsatzsteuerausweis von Unternehmen an Unternehmen, die nicht korrigiert werden, bleibt es jedoch dabei, dass die höhere Umsatzsteuer an das Finanzamt zu zahlen ist.

Der Klarstellung im Privatkundenbereich liegt zugrunde, dass die gesetzliche Regelung im Umsatzsteuergesetz anders lautet. So hatte der Bundesfinanzhof (BFH) in einem Urteil vom 13.12.2018 entschieden, dass ein falscher höherer Umsatzsteuerausweis auf Rechnungen dazu führt, dass die höhere Umsatzsteuer an das Finanzamt zu zahlen ist, unabhängig davon, ob es sich bei dem Rechnungsempfänger um einen Privatkunden oder ein Unternehmen handelt.

Im Gegensatz zum BFH entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH) mit Urteil vom 8.12.2022, dass ein Unternehmer bei einem erhöhten Falschausweis der Umsatzsteuer an Privatkunden nicht die falsche höhere Steuer schuldet, sondern lediglich die niedrigere Umsatzsteuer, wenn sie richtig ausgewiesen worden wäre. Hierfür sei jedoch Voraussetzung, dass der Privatkunde keinen Vorsteuerabzug vornehmen könne.

Doch mit dieser Entscheidung dürfte noch keine Befriedung eingetreten sein. In einem anderen Klageverfahren hat das Finanzgericht Köln mit Urteil (8 K 2452/21) vom 25.7.2023 noch weitergehend entschieden, dass auch ein unrichtiger Umsatzsteuerausweis an Behörden und Verwaltungseinrichtungen für den Rechnungsaussteller unschädlich sei, da die öffentliche Hand ebenfalls nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt ist. Das gilt aber nur dann, wenn der Rechnungsaussteller bei Fertigung der Rechnung davon ausging, dass er mit der Ausweisung der Umsatzsteuer an eine Behörde alles richtig gemacht hat oder es sich schlicht um ein Versehen handelte.

Damit hat erstmals ein Finanzgericht entschieden, dass keine Rechnungskorrektur erforderlich ist und dem falsch ausweisenden Unternehmen gegenüber dem Finanzamt ein Erstattungsanspruch zusteht, wenn der objektive Fehler unwissentlich geschah. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die Revision beim BFH (V R 16/23) ist anhängig. In vergleichbaren Fällen kann unter Bezugnahme auf dieses Verfahren die Aussetzung der Vollziehung beantragt werden.
Kein Werbungskostenabzug für Prozesskosten zur Erlangung nachehelichen Unterhalts
Die Zahlungen von Trennungs- oder nachehelichem Unterhalt an den dauernd getrennt lebenden oder geschiedenen Ehepartner können Sonderausgaben im Rahmen der Einkommensteuer darstellen. Voraussetzung dafür ist, dass der Zahlungsempfänger diesen Betrag in seiner Einkommensteuererklärung als sog. „sonstige Einkünfte“ versteuert. Hierzu muss der Zahlende den Sonderausgabenabzug beantragen und auch die Zustimmung des Zahlungsempfängers vorlegen, dass dieser die erhaltenen Unterhaltszahlungen als „sonstige Einkünfte“ versteuert.

Der Bundesfinanzhof (BFH) hatte sich mit der Frage zu befassen, ob die einer Unterhaltsempfängerin entstandenen Prozesskosten für die Durchführung eines Klageverfahrens auf Erhalt bzw. Erhöhung der Unterhaltszahlung gegen ihren geschiedenen Ehemann Werbungskosten darstellen können. Dies hatte das zuständige Finanzgericht in erster Instanz so entschieden.

Mit Urteil vom 18.10.2023 hat der BFH die Abziehbarkeit der Prozesskosten als Werbungskosten abgelehnt und das Verfahren an das Finanzgericht zwecks Entscheidung zurückverwiesen. Dieses hat nun zu prüfen, ob zumindest die Voraussetzungen für die Abzugsfähigkeit der Prozesskosten als „außergewöhnliche Belastung“ im Rahmen der Einkommensbesteuerung vorliegen.

Die Ablehnung des Werbungskostenabzugs bei Prozesskosten begründete der BFH damit, dass keine unmittelbare Verbindung zwischen Unterhaltszahlungen als „sonstige Einkünfte“ und den entstandenen Prozesskosten besteht. Vielmehr muss der Zahlende erst einmal den Willen des Sonderausgabenabzugs im Rahmen der Einkommensteuererklärung haben und der Zahlungsempfänger dann auch noch zustimmen. Selbst, wenn der Zahlungsempfänger bereits im Voraus für mehrere Jahre zugestimmt hat, ändert sich an der Betrachtungsweise wegen des erforderlichen Antrags des Zahlenden nichts.
Beschluss des Wachstumschancengesetzes
Nachdem der Bundestag am 17.11.2023 das sog. Wachstumschancengesetz beschlossen und der Bundesrat am 24.11.2023 seine erforderliche Zustimmung verweigert hatte, wurde am gleichen Tag der Vermittlungsausschuss angerufen. Dieser hat am 21.2.2024 ein Ergebnis mit stark reduzierten Maßnahmen innerhalb des Gesetzespakets vorgeschlagen. Der Bundestag bestätigte am 23.2.2024 das Vermittlungsergebnis und am 22.3.2024 stimmte der Bundesrat der Beschlussempfehlung zu.

Wir bereiten eine ausführlichere Zusammenfassung der beschlossenen Inhalte für Sie vor. Zunächst behandeln wir jedoch die Aspekte, die schon vor der Entscheidung feststanden.

Maßnahme Angedachte Änderung Beschlossene Änderung
Investitionsprämie Einführung durch Klimaschutz-Investitionsprämiengesetz Entfällt
Freigrenze für Vermietungseinkünfte Einführung Entfällt
Steuerermäßigung für energetische Sanierungen Erhöhung von 20 % auf 30 % Entfällt
Verpflegungsmehraufwand im Inland Erhöhung von 1 € auf 2 € Entfällt
Grenze bei geringwertigen Wirtschaftsgütern Erhöhung von 800 € auf 1.000 € Entfällt
Freibetrag bei Betriebsveranstaltungen Erhöhung von 110 € auf 150 € Entfällt
Sonderabschreibung für kleinere und mittlere Unternehmen (Gewinn <= 200.000 €) Erhöhung von 20 % auf 50 % Erhöhung von 20 % auf 40 %
Degressive Wohngebäudeabschreibung Befristete Einführung 6% Befristete Einfführung auf 5 %
Erweiterter Verlustrücktrag bei der Einkommensteuer Erhöhung von 2 auf 3 Jahre Entfällt
Erweiterter Verlustvortrag im Rahmen der Gewerbesteuer Erhöhung von 60 % auf 80 % Entfällt
Reduzierte Umsatzbesteuerung für Gas- und Wärmelieferungen Auslaufen am 29.2.2024 Auslaufen am 31.3.2024 reguläre Umsatzbesteuerung ab dem 1.4.2024
Durchschnittssteuersatz und Vorsteuerpauschale für land- und forstwirtschaftliche Umsätze Senkung von 9 % auf 8,4 % Entfällt, bleibt bei 9 %
Steuerbefreiung der Einnahmen aus kleinen PV-Anlagen
Mini-Solaranlagen, oft als Balkonkraftwerke bezeichnet, erfreuen sich großer Beliebtheit, nicht zuletzt aufgrund der Förderungen in zahlreichen Städten und Bundesländern. Aber bis zu welcher Leistungsgrenze in Kilowatt können diese Anlagen von Mietern und Eigentümern betrieben werden, ohne dass Einkommensteuer auf die erzeugte Energie anfällt?

Eine Einkommensteuerbefreiung gilt für Anlagenbetreiber, wenn die Nennleistung bei Einfamilienhäusern, Nebengebäuden und Gewerbeimmobilien 30 Kilowatt (kWp) und bei Mehrfamilienhäusern und gemischt genutzten Immobilien 15 kWp je (Wohn-)Einheit nicht übersteigt – maßgeblich dabei ist die Leistung, die im sog. Marktstammdatenregister vermerkt ist. Zusätzlich gibt es eine Obergrenze von 100 kWp pro Steuerpflichtigem, unabhängig von der Anzahl der Gebäude oder Grundstücke. Zu beachten ist, dass bei Überschreiten der Obergrenze nicht nur der überschießende Teil steuerpflichtig wird, sondern es entfällt dann die Steuerbefreiung für sämtliche Anlagen.

Die PV-Anlagen müssen sich außerdem an, auf oder in einem Gebäude befinden – beispielsweise auf dem Dach oder Balkon. Das können auch Nebengebäude wie etwa Garagen, Carports oder Gartenhäuser sein. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Gebäude sich im Eigentum des Betreibers befinden oder nicht. Anlagen auf Freiflächen, wie Wiesen, sind nicht steuerbefreit. Steuerbefreit sind des Weiteren, wenn die o.g. Voraussetzungen erfüllt wurden:

  • Einnahmen durch Einspeisevergütung
  • Entgelte für Stromlieferungen an Mieter
  • Vergütungen für das Aufladen von Fahrzeugen
  • Zuschüsse sowie Umsatzsteuererstattungen

Ebenso besteht eine Steuerbefreiung ab 2022, wenn Betreiber neben der Einspeisung ins Stromnetz auch Strom für ihre selbstgenutzte Wohnung, Büroräume oder Elektrofahrzeuge entnehmen. Die Kehrseite ist, dass die „zwangsweise Steuerbefreiung“ auch für vor 2022 errichtete Anlagen gilt und bislang in Anspruch genommene Sonderabschreibungen nur noch sehr eingeschränkt möglich sind. Negative Einkünfte aus den Anlagen können nicht mehr berücksichtigt werden.
Berufliche Weiterbildung: Darlehenserlass kann Steuerlast erhöhen
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat kürzlich entschieden (Urteil vom 23.11.2023 – VI R 9/21), dass der Teilerlass eines Darlehens, welches für eine berufliche Fortbildung gewährt wurde, als steuerpflichtiger Zufluss in dem Jahr zu werten ist, in dem der Erlass erfolgt. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Darlehenserlass an das Bestehen der Abschlussprüfung gekoppelt ist.  

Im konkreten Fall hatte eine Angestellte für ihre berufliche Fortbildung ein Darlehen der KfW (Kreditanstalt für Wiederaufbau) in Anspruch genommen, wobei ein Teil des Auszahlungsbetrags einen nicht rückzahlbaren Zuschuss darstellte. Laut Darlehensvertrag und Förderrichtlinien sollte außerdem ein Teil des Darlehens erlassen werden, wenn die Fortbildung mit bestandener Abschlussprüfung endete. So geschah es auch hier, ein Teil des Darlehens musste dank bestandener Prüfung nicht zurückgezahlt werden. Das Finanzamt sah den Teil des Darlehens, welcher der Steuerpflichtigen erlassen wurde, als steuerpflichtige Einkünfte an.

Zwar stimmte das Finanzgericht der Steuerpflichtigen in 1. Instanz zu, doch der BFH schloss sich der Ansicht des Finanzamts an. Er begründete seine Entscheidung damit, dass der Darlehenserlass unmittelbar mit dem beruflichen Erfolg und der Weiterentwicklung der Klägerin verknüpft sei. Daher sei die jetzige Zurechnung des erlassenen Betrags als Äquivalent zu den in der Vergangenheit berücksichtigten Werbungskosten zu betrachten.

Auch der Verzicht auf Rückzahlung, sei es durch einen Arbeitgeber oder eine (staatliche) Bank, kann daher als steuerpflichtiges Einkommen gewertet werden. Die Finanzierung von Weiterbildungsmaßnahmen sowie deren Rückzahlungsmodalitäten sollten also im Zweifelsfall genau geprüft werden.
Einkommensteuer bei Verkauf von Immobilien aus Erbengemeinschaft
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat sich mit aktuellem Urteil (IX R 13/22) zu der Frage geäußert, ob der entgeltliche Erwerb eines Anteils an einer Erbengemeinschaft, zu der auch Grundbesitz gehört, und die zeitnahe Veräußerung des Grundstücks ein privates Veräußerungsgeschäft darstellen, mit der Folge, dass der daraus erzielte Überschuss als sonstige Einkünfte im Rahmen der Einkommensbesteuerung steuerpflichtig wird.

Das Urteil betrifft Erben, die zu einer Erbengemeinschaft gehören und beabsichtigen, diese aufzulösen, indem sie die Anteile der anderen Miterben übernehmen und dafür eine Auszahlung leisten, um anschließend zeitnah Grundstücke oder Immobilien aus dem Nachlass zu verkaufen.

Im konkreten Fall übernahm ein Erbe die Anteile der anderen Miterben an einer Erbengemeinschaft gegen entsprechende Ausgleichszahlung. In dieser Erbmasse befand sich auch Grundbesitz. Diesen verkaufte er weniger als drei Jahre nach Eintritt des Erbfalls und weniger als ein Jahr nach Übernahme als Alleineigentümer. Normalerweise wäre der Veräußerungsgewinn aus dem Grundbesitz innerhalb von zehn Jahren nach Anschaffung einkommensteuerpflichtig, sog. Spekulationsfrist. Dieser Meinung war auch das Finanzamt und berücksichtigte den Veräußerungsgewinn bei der Einkommensbesteuerung im Einklang mit der noch gültigen Weisung des Bundesfinanzministeriums in derartigen Fällen.

Der BFH vertritt hierzu in Änderung seiner Rechtsprechung eine gegenteilige Auffassung. Der Kauf von Anteilen an einer Erbengemeinschaft ist nach seiner Auffassung nicht gleichzusetzen mit dem direkten Erwerb eines Grundstücks oder einer sonstigen Immobilie. Die Veräußerung des aus dem Nachlass stammenden Grundbesitzes bleibt daher einkommensteuerfrei, obwohl die Übernahme der Erbanteile innerhalb von 10 Jahren erfolgte.

Der Grund dafür ist, dass das erworbene und das veräußerte Wirtschaftsgut identisch sein müssen. Dies ist nach Auffassung des BFH nicht der Fall, wenn Erbanteile gekauft werden und sodann ein Grundstück der Erbmasse veräußert wird. Der Betroffene hatte nämlich nicht für das Grundstück bezahlt, sondern für die Erbanteile. Da jeder Fall individuell gelagert ist, sollte steuerrechtlicher Rat eingeholt und die Entwicklung der Gesetzgebung beachtet werden.
Immobilienverkauf ist privates Veräußerungsgeschäft, wenn ein Eigentümer bei Trennung auszieht
Gewinne aus Immobilienverkäufen, die innerhalb von zehn Jahren nach dem Erwerb erfolgen, unterliegen als sog. private Veräußerungsgeschäfte der Besteuerung. Dies soll Spekulationsgeschäfte am Immobilienmarkt eindämmen. Wird eine Immobilie im Eigentum des Veräußernden jedoch durchgehend oder zumindest im Jahr des Verkaufs und den beiden vorhergehenden Jahren zu eigenen Wohnzwecken genutzt, bleibt der Verkauf steuerfrei.

Mit Urteil vom 14.11.2023 (IX R 10/22), nimmt der Bundesfinanzhof (BFH) nun Stellung zu der Frage, ob Eigennutzung auch dann vorliegt, wenn nur der geschiedene Ehepartner und gemeinsame unterhaltsberechtigte Kinder des Immobilieneigentümers das betreffende Haus bewohnen und somit eine Steuerbefreiung rechtfertigen.

Im zu entscheidenden Fall übernahm ein geschiedener Mann bei der Scheidung von seiner Frau deren Anteil an der Immobilie gegen Geldzahlung und Übernahme der Verbindlichkeiten. In dieser Immobilie hatten die Eheleute mit den gemeinsamen minderjährigen Kindern während der Ehe gelebt. Der Mann war im Zuge der Trennung ausgezogen, die Kinder und die Frau blieben im Haus wohnen. Vier Jahre nach seinem Auszug verkaufte er die Immobilie, nachdem auch die Kinder und die Ex-Frau ausgezogen waren.

Der Verkauf der Immobilie erfolgte mit Gewinn, für den das Finanzamt bezogen auf die Eigentumshälfte, die der Ehemann von seiner Ex-Frau erworben hat, Einkommensteuer festsetzte. Der Ehemann vertrat die Auffassung, dass der Gewinn steuerfrei sei, da die Immobilie von seinen Kindern genutzt wurde, was steuerlich gesehen einer Eigennutzung gleichkäme. Dass die geschiedene Frau dort ebenfalls lebte, sei steuerlich wegen der Kinder unerheblich. Der BFH stellte jedoch klar, dass eine Eigennutzung nur dann vorläge, wenn der Verkäufer die Immobilie selbst bewohnt habe. Die Nutzung durch unterhaltsberechtigte Kinder könne zwar als Eigennutzung angesehen werden, jedoch nicht, wenn die Immobilie zugleich von einem Dritten, in diesem Fall der geschiedenen Ehefrau, genutzt werde.  Der Verkauf der Immobilie ist daher ein privates Veräußerungsgeschäft und somit als steuerpflichtig anzusehen.

Mietrecht

Public Viewing zur Fußball-Europameisterschaft 2024
Für die Zeit der Fußball-Europameisterschaft 2024 (14.6.–14.7.) hat das Bundeskabinett eine Verordnung beschlossen, die ermöglicht, ausnahmsweise den nächtlichen Lärmschutz zu lockern. Damit wird der Spielraum auf kommunaler Ebene erweitert, Public Viewing auch für die Spiele zuzulassen, die um 21 Uhr angepfiffen werden. Die Verordnung tritt am Tag nach der Verkündigung im Bundesgesetzblatt in Kraft und wird bis zum 31.7.2024 gelten.

Im konkreten Fall entscheiden die Kommunen über die Genehmigung. Es gilt jedoch zu beachten, dass die Verordnung nur öffentliche Veranstaltungen erfasst.

Anmerkung: Verläuft das Public Viewing im Rahmen einer privaten Veranstaltung (z.B. auf der Terrasse), gelten die Immissionsschutzvorschriften der Länder.
WEG – Änderung der Kostentragung für Erhaltungsmaßnahmen
Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte sich am 22.3.2024 in zwei Verfahren mit Beschlüssen von Wohnungseigentümergemeinschaften (WEG) zu befassen, mit denen Wohnungseigentümer für Erhaltungsmaßnahmen am Gemeinschaftseigentum eine von der bisherigen Kostenverteilung abweichende Kostentragung zulasten einzelner Wohnungseigentümer gefasst hatten.

Nach dem Wohnungseigentumsgesetz sind die Wohnungseigentümer berechtigt, für einzelne Kosten oder bestimmte Arten von Kosten der WEG eine von dem gesetzlichen Verteilungsschlüssel oder von einer Vereinbarung abweichende Verteilung zu beschließen. Das gilt auch dann, wenn dadurch der Kreis der Kostenschuldner verändert wird, indem Wohnungseigentümer von der Kostentragung gänzlich befreit oder umgekehrt erstmals mit Kosten belastet werden. Das entspricht jedenfalls dann ordnungsmäßiger Verwaltung, wenn die beschlossene Kostenverteilung den Gebrauch oder die Möglichkeit des Gebrauchs berücksichtigt.

In dem ersten Fall konnten wegen eines Defekts der (im gemeinschaftlichen Eigentum stehenden) Hebeanlage Doppelparker nur jeweils ein Fahrzeug abstellen. Die Wohnungseigentümer beschlossen eine Änderung der Kostenverteilung, nach der die Kosten für eine Sanierung und Reparatur der (im gemeinschaftlichen Eigentum stehenden Teile der) Doppelparker nicht mehr wie bisher von allen Wohnungseigentümern, sondern ausschließlich von den Teileigentümern der insgesamt zwanzig Doppelparker gemeinschaftlich zu tragen sind.

Im zweiten Fall fassten die Wohnungseigentümer in einer Eigentümerversammlung den Beschluss, die (im gemeinschaftlichen Eigentum stehenden) defekten Dachflächenfenster auszutauschen. Die Kosten des Fensteraustauschs sollte allein der Wohnungsbesitzer tragen, in dessen Wohnung die Fenster verbaut sind. Der BGH beurteilte in beiden Fällen, dass die Entscheidung der Versammlung gültig war und ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht.

Anmerkung: Der BGH entschied mit Urteil v. 8.3.2024, dass während der Corona-Pandemie gefasste Beschlüsse einer WEG nicht deshalb nichtig sind, weil die Wohnungseigentümer an der Eigentümerversammlung nur durch Erteilung einer Vollmacht an den Verwalter teilnehmen konnten.
Fristlose Kündigung bei Androhung der Verweigerung von Mietzahlungen möglich
Bereits die Erklärung des Mieters, dass er zur Zahlung der Miete künftig und auf unbestimmte Zeit nicht bereit ist, kann die Kündigung des Vermieters rechtfertigen, weil der Mieter damit für die Zukunft die Erfüllung seiner primären Leistungspflicht, der Mietzahlung, verweigert. In einem solchen Fall kann dem Vermieter nicht zugemutet werden, das bereits angekündigte Ausbleiben weiterer Mietzahlungen abzuwarten, bis die Voraussetzungen einer Kündigung aus wichtigem Grund (z.B. Mietrückstand von zwei Monaten) erfüllt sind. Dies trifft vor allem zu, wenn das Vertrauen des Vermieters in die Bereitschaft oder Fähigkeit zur Leistung von Zahlungen durch das Verhalten des Mieters ernsthaft beeinträchtigt ist.

Dieser Entscheidung des Kammergerichts Berlin (KG) lag der nachfolgende Sachverhalt zugrunde: Eine Gewerberaummieterin teilte im Juni 2020 mit, dass sie aufgrund der finanziellen Auswirkungen der Corona-Pandemie zukünftig nicht mehr in der Lage sein werde, die Miete zu zahlen. Weiterhin führte sie an, dass eine Fortsetzung der Mietzahlungen (in Schritten) erst nach dem Ansteigen der Einnahmen wieder möglich sein würde. Weiterhin wies sie darauf hin, dass sie gezwungen sein könnte, Insolvenz anzumelden, falls die Vermieter den Vorschlägen nicht zustimmen würden. Nachdem die Vermieter diese Vorschläge ablehnten und die Mieterin erneut mit Insolvenz drohte, entschieden sie sich, das Mietverhältnis fristlos zu kündigen.

Das KG urteilte, dass die fristlose Kündigung rechtens war. Auch wenn zugunsten der Mieterin das bereits seit 18 Jahren bestehende Mietverhältnis und die außergewöhnliche Pandemiesituation zu berücksichtigen sind, erschien dem KG eine Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zur sonstigen Beendigung des Mietverhältnisses den Vermietern nicht zumutbar.
Bauliche Veränderungen des Gemeinschaftseigentums zur Barrierereduzierung
Nach dem Wohnungseigentumsgesetz (WEG) kann jeder Wohnungseigentümer angemessene bauliche Veränderungen verlangen, die u.a. dem Gebrauch durch Menschen mit Behinderungen dienen. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat am 9.2.2024 in zwei Verfahren über die Voraussetzungen und Grenzen baulicher Veränderungen des Gemeinschaftseigentums entschieden, die von einzelnen Wohnungseigentümern als Maßnahmen zur Barrierereduzierung (Errichtung eines Personenaufzugs bzw. Errichtung einer 65 cm erhöhten Terrasse nebst Zufahrtsrampe) verlangt wurden.

Der BGH kam in beiden Fällen zu der Entscheidung, dass diese eine angemessene bauliche Veränderung darstellen, die dem Gebrauch durch Menschen mit Behinderungen dient. Die Angemessenheit von baulichen Veränderungen, die die Barrierefreiheit verbessern sollen, wird grundsätzlich angenommen. Eingriffe in die Bausubstanz, übliche Nutzungseinschränkungen des Gemeinschaftseigentums und optische Veränderungen der Anlage etwa aufgrund von Anbauten stellen i.d.R. keinen hinreichenden Grund dar, die Angemessenheit einer Maßnahme in Frage zu stellen.

Die Kosten der baulichen Veränderungen sind für das Bestehen eines Anspruchs darauf grundsätzlich ohne Bedeutung, da sie von dem verlangenden Wohnungseigentümer zu tragen sind. Vor diesem Hintergrund bejaht das Berufungsgericht zu Recht die Angemessenheit der Maßnahme.
Keinen Anspruch auf barrierefreien Parkplatz bei barrierefreier Wohnung
In vielen Landesbauordnungen wird geregelt, dass bauliche Anlagen sowie andere Anlagen, bei denen ein Zugangs- oder Abgangsverkehr zu erwarten ist, nur errichtet werden dürfen, wenn Stellplätze in ausreichender Zahl und Größe sowie in geeigneter Beschaffenheit bereitgestellt werden (notwendige Stellplätze).

Das erstreckt sich allerdings nicht darauf, für eine nach einer Landesbauordnung zu schaffende barrierefreie und uneingeschränkt mit dem Rollstuhl nutzbare Wohnung, einen barrierefreien Stellplatz in unmittelbarer Nähe der Wohnung zu errichten.
Weitervermietung von Wohnraum kann gewerblich sein
Das Oberlandesgericht Hamburg hatte zu entscheiden, ob gewerbliche Weitervermietung vorliegt, wenn eine Firma Wohnungen mietet und diese dann an ihre Mitarbeiter weitervermietet. Gewerbliche Weitervermietung liegt vor, wenn jemand eine Wohnung (oder mehrere Wohnungen) mietet, um dort nicht selbst zu wohnen, sondern um sie weiterzuvermieten – und das mit einem geschäftlichen Hintergedanken.

Interessanterweise muss der Zwischenmieter (also die Firma, die die Wohnung an ihre Mitarbeiter weitervermietet) dabei nicht unbedingt Gewinn aus der Vermietung selbst machen. Es reicht, wenn die Weitervermietung irgendwie dem Geschäftsbetrieb der Firma nützt. Mietet also eine Firma Wohnungen an, um sie an ihre Mitarbeiter weiterzuvermieten und dadurch ihr Geschäft zu stärken (z.B. durch die Gewinnung oder Bindung von Mitarbeitern), wird dies als gewerbliche Weitervermietung angesehen. Es geht dabei nicht darum, direkt Geld mit der Vermietung zu verdienen, sondern eher darum, dass die Firma insgesamt davon profitiert.
Nutzungsänderung eines Gastronomiebetriebs
Das Oberverwaltungsgericht Niedersachsen hatte über den nachfolgenden Sachverhalt zu entscheiden: In einem Wohn- und Geschäftshaus wurde eine Pizzeria betrieben. Für die entsprechenden Räume liegt eine Baugenehmigung aus dem Jahr 1983 zum Betrieb einer Eisdiele vor. Aufgrund von Nachbarbeschwerden über Lärmbelästigungen wurde der weitere Betrieb der Pizzeria untersagt. Der Restaurantbetreiber legte dagegen Beschwerde ein.

Eine für einen Gastronomiebetrieb erteilte Baugenehmigung weist typischerweise eine gewisse Variationsbreite auf. Nicht jede Veränderung der betrieblichen Abläufe oder der gastronomischen Ausrichtung (z.B. Wechsel des Speisenangebots von deutscher auf französische Küche) wirft die Genehmigungsfrage neu auf. Die Variationsbreite wird aber dann überschritten, wenn sich betriebliche Einrichtungen und Abläufe in einer Weise ändern, dass neu- oder andersartige baurechtliche Problemlagen zu bewältigen sind bzw. bereits bestehende Problemlagen – etwa eine Immissionsproblematik – verschärft werden. So lag der Fall hier.

Während der überwiegende Betrieb bei einer Eisdiele typischerweise während der Tagzeit stattfindet, wird eine Pizzeria gerade in den Abendstunden aufgesucht. Damit stellen sich andersartige Fragen des Immissionsschutzes der Nachbarschaft. Hinzu kommt, dass eine Pizzeria auf einen mit hohen Temperaturen betriebenen Pizzaofen angewiesen ist, der Fragen des Brandschutzes und der Abluftführung aufwirft.
Nutzung von zwei Stellplätzen mit mehr als zwei Pkw erlaubt
In einem allgemeinen bzw. reinen Wohngebiet ist es erlaubt, Parkplätze für die Anzahl an Autos zu haben, die durch die normalen Aktivitäten der dort lebenden Menschen benötigt werden. Auch wenn diese Parkplätze gelegentlich von mehr als zwei Autos gleichzeitig genutzt werden, gilt dies nicht als unzulässige oder übermäßige Nutzung für ein Einfamilienhaus. Es ist also in Ordnung, mehrere Parkplätze in diesem Wohngebiet zu haben, solange sie im Rahmen des üblichen Bedarfs für ein Einfamilienhaus genutzt werden.
Keine Verbindlichkeit bei der Formulierung „Voraussichtlicher Baubeginn ...“
Nach der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen Teil B (VOB/B) ist die Ausführung nach den verbindlichen Fristen (Vertragsfristen) zu beginnen, angemessen zu fördern und zu vollenden. Bei einer Formulierung „voraussichtlich (Datum)“ fehlt es jedoch für die Annahme einer verbindlichen Vertragsfrist an der erforderlichen Eindeutigkeit.

Ist für den Beginn der Ausführung keine Frist vereinbart, so hat der Auftraggeber dem Auftragnehmer auf Verlangen Auskunft über den voraussichtlichen Beginn zu erteilen. Der Auftragnehmer hat innerhalb von 12 Werktagen nach Aufforderung durch den Auftraggeber zu beginnen.

Ist der Auftragnehmer zur Erbringung von Bauleistungen verpflichtet, kommt es für den Beginn der Ausführung grundsätzlich auf die tatsächliche Arbeitsaufnahme auf der Baustelle an. Haben beispielsweise die Vertragsparteien die ständige Anwesenheit von mindestens vier Arbeitskräften auf der Baustelle festgelegt, reicht der Einsatz von nur einer Arbeitskraft durch den Auftragnehmer für den Arbeitsbeginn nicht aus.

Sollte der Auftragnehmer den Start der Arbeiten hinauszögern, ist es dem Auftraggeber möglich, ihm eine angemessene Zeitspanne für den Arbeitsbeginn zu setzen und im Falle der Nichteinhaltung mit Vertragsauflösung zu drohen. Diese Zeitspanne darf durchaus kurz ausfallen und muss nicht die gesamte üblicherweise benötigte Zeit für die Vorbereitung der Arbeiten umfassen.
Mitteilungspflicht bei Schwammbefall
Ein vorsätzliches Verschweigen von Tatsachen kann als betrügerisches Verhalten angesehen werden, sofern eine Verpflichtung zur Offenlegung dieser Tatsachen besteht. Eine Offenlegungspflicht tritt jedoch nur dann in Kraft, wenn der andere Vertragspartner im Rahmen von Treu und Glauben sowie den gängigen gesellschaftlichen Normen vernünftigerweise mit einer Aufklärung rechnen kann. Im Allgemeinen liegt es in der Verantwortung jedes Beteiligten, sich um die eigenen Interessen zu kümmern. Es gibt keine generelle Verpflichtung, alle potenziell entscheidenden Informationen für den Entschluss des anderen Vertragsteils von sich aus preiszugeben. Es ist vielmehr so, dass ein Vertragspartner lediglich dazu verpflichtet ist, den anderen über jene Umstände in Kenntnis zu setzen, die den eigentlichen Zweck des Vertrags zunichtemachen könnten und somit für dessen Entscheidungsfindung erheblich sind – und das auch nur dann, wenn eine solche Mitteilung nach allgemeinem gesellschaftlichen Verständnis zu erwarten wäre.

Vor diesem Hintergrund entschieden die Richter des OLG Rostock, dass der Befall eines Hauses mit Hausschwamm dem Käufer vom Verkäufer selbst dann mitzuteilen ist, wenn er diesen hat fachgerecht beseitigen lassen.

Ferner besteht die Mitteilungspflicht auch dann, wenn der Schwammbefall für den Käufer möglicherweise erkennbar ist.

Familienrecht

Umgangsrecht – Verteilung der Betreuungslast
Grundsätzlich hat jedes Kind das Recht auf Umgang mit jedem Elternteil und jeder Elternteil ist zum Umgang mit den Kindern verpflichtet und berechtigt. Über den Umfang des Umgangsrechts kann das Familiengericht entscheiden. Es trifft dabei diejenige Entscheidung, die unter Berücksichtigung der tatsächlichen Gegebenheiten und Möglichkeiten sowie der berechtigten Interessen der Beteiligten dem Wohl der Kinder am besten entspricht, praktikabel ist und regelmäßig ausgeübt werden kann.

Der Umgang dient auch dazu, den hauptbetreuenden Elternteil zu entlasten und die tatsächliche Betreuung der Kinder in einem zu bestimmenden Umfang aufzuteilen. Daher ist es dem zum Umgang berechtigten Elternteil zuzumuten, das Kind bzw. die Kinder während des Umgangs in einzelnen Fällen fremdbetreuen zu lassen.
Kein Widerruf gegen einen Bescheid per „normaler“ E-Mail
Der Widerspruch gegen einen Bescheid (Verwaltungsakt) unterliegt gesetzlichen Formvorschriften. Er kann schriftlich oder zur Niederschrift bei der Behörde eingelegt werden. Wird er in elektronischer Form eingelegt, dann ist eine qualifizierte elektronische Signatur bzw. die Versendung per De-Mail erforderlich. Eine einfache E-Mail ist nicht ausreichend.

Nach den Ausführungen des Hessischen Landessozialgerichts muss erkennbar sein, dass nur solche Schreiben als Widerspruch gewertet werden, aus denen sich klar ergibt, dass sie von dem Betreffenden willentlich in den Verkehr gebracht worden sind. Dies ist bei einer einfachen E-Mail nicht gegeben.
„Düsseldorfer Tabelle“ ab dem 1.1.2024
Die vom Oberlandesgericht Düsseldorf herausgegebene „Düsseldorfer Tabelle“ wurde zum 1.1.2024 geändert. Im Wesentlichen sind die Bedarfssätze minderjähriger und volljähriger Kinder, die Einkommensgruppen und der dem Unterhaltspflichtigen zu belassende Eigenbedarf geändert worden.

Die „Düsseldorfer Tabelle“ stellt eine bloße Richtlinie dar und dient als Hilfsmittel für die Bemessung des angemessenen Unterhalts im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuchs. Eine bindende rechtliche Wirkung kommt ihr nicht zu. Zum 1.1.2024 betragen die Regelsätze bei einem Nettoeinkommen des/der Unterhaltspflichtigen bis 2.100 €:
  • 480 € für Kinder von 0 – 5?Jahren
  • 551 € für Kinder von 6?– 11 Jahren
  • 645 € für Kinder von 12 – 17 Jahren und
  • 689 € für Kinder ab 18 Jahren.
Die Sätze steigen mit höherem Einkommen um bestimmte Prozentsätze.

Die gesamte Tabelle befindet sich auf der Internetseite des Oberlandesgerichts Düsseldorf.
Verstoß gegen Umgangsregelung wegen Urlaubsreise
Die Richter des Oberlandesgerichts Celle (OLG) haben am 2.10.2023 entschieden, dass das kurzfristige Absagen eines Besuchstermins mit dem Kind aufgrund eines Urlaubs eine Verletzung der gerichtlich festgelegten Umgangsregelung darstellt und somit die Verhängung von Ordnungsmitteln rechtfertigen kann. Dies ist besonders wichtig bei Eltern, die sich nicht einig sind.

In dem Fall aus der Praxis wurde im Februar 2023 eine gerichtlich anerkannte Umgangsvereinbarung für ein zweijähriges Kind getroffen. Im Mai 2023 sagte dann die Mutter kurzfristig einen Termin wegen eines Urlaubs ab. Der Vater verlangte daraufhin, dass gegen die Mutter ein Ordnungsgeld verhängt wird.

Das OLG gab dem Vater Recht. Es befand, dass die Mutter die Vereinbarung schuldhaft missachtet hatte, indem sie den Termin ohne Zustimmung des Vaters absagte. Auch wenn ein Elternteil mit dem Kind verreisen darf, rechtfertigt dies nicht, bei Urlaubsverstößen eine Schuldlosigkeit anzunehmen. Andernfalls könnte ein Elternteil die Umgangsvereinbarung durch Urlaubsplanung einseitig umgehen. Das Gericht betonte, dass gerade bei zerstrittenen Eltern die gerichtliche Regelung genau befolgt werden muss.
Umgangskontakt – Verstoß gegen formlose Telefonvereinbarung
In einem vom Kammergericht Berlin entschiedenen Fall hatte ein Vater gegen eine mit der Mutter des Kindes informelle Telefonvereinbarung verstoßen. Die Mutter stellte einen Ordnungsgeldantrag, welchen das Amtsgericht zurückwies. Die Richter des Kammergerichts Berlin bestätigten diese Entscheidung.

Welche Formen des Umgangskontakts von einer konkreten Umgangsregelung ausgeschlossen sind, muss im Einzelfall entschieden werden. Bei der Interpretation solcher Regelungen ist es wichtig, dass klar ist, was von der betroffenen Person erwartet wird. Die Person muss bei vernünftiger Betrachtung genau verstehen können, was die Regelung von ihr fordert. Dabei sollten die Anforderungen nicht zu streng sein. Es muss sowohl die Durchsetzbarkeit der Regelungen als auch die Verpflichtung der Eltern, sich angemessen und fair zu verhalten, berücksichtigt werden.

Wenn ein Elternteil sein Kind anruft, verstößt dies nicht gegen eine gerichtliche Vereinbarung, die nur die Zeiten für den persönlichen Kontakt und die Urlaubsbesuche festlegt, besonders wenn die Eltern sich informell auch auf Telefonzeiten geeinigt haben und diese informelle Vereinbarung bewusst nicht in die offizielle gerichtliche Vereinbarung aufgenommen wurde.
Vergütung für Nutzung gemeinsamer Immobilie während Trennung
Leben die Ehegatten voneinander getrennt oder will einer von ihnen getrennt leben, so kann ein Ehegatte verlangen, dass ihm der andere die Ehewohnung oder einen Teil zur alleinigen Benutzung überlässt, soweit dies auch unter Berücksichtigung der Belange des anderen Ehegatten notwendig ist, um eine unangemessene Härte zu vermeiden. Vom nutzungsberechtigten Ehegatten kann der andere Ehegatte eine Vergütung für die Nutzung verlangen. Diese muss allerdings fair und angemessen sein, also der Billigkeit entsprechen.

Bei der Bemessung der Nutzungsvergütung sind im Rahmen der Billigkeitsprüfung alle Gesamtumstände des Einzelfalls maßgeblich. Die Billigkeitsabwägung ist nicht nach streng rechnerischen Maßstäben vorzunehmen, sondern es ist eine wertende Betrachtung und Gewichtung der einzelnen Umstände geboten, entschieden die Richter des Oberlandesgerichts Stuttgart am 13.7.2023.

Grundsätzlich entspricht es jedenfalls nach Ablauf des Trennungsjahres der Billigkeit, wenn der in der im gemeinsamen Eigentum der Ehegatten stehenden Ehewohnung verbleibende Ehegatte eine Nutzungsvergütung in Höhe der Hälfte des objektiven Mietwertes der Immobilie bezahlt. Weitere Billigkeitskriterien, wie insbesondere die Leistungsfähigkeit des in der Wohnung verbliebenen Ehegatten und die Einkommensverhältnisse des anderen Ehegatten, können die zu leistende Nutzungsentschädigung mindern oder ganz entfallen lassen.
Ordnungsmittel bei Kontakt zum Kind außerhalb der geregelten Umgangszeiten
Eine Verhängung von Ordnungsmitteln wegen Kontaktaufnahmen außerhalb der festgelegten Umgangszeiten setzt voraus, dass sich die Untersagung einer solchen Kontaktaufnahme eindeutig aus dem Tenor der Umgangsregelung ergibt. Ein Tun oder Unterlassen kann nur dann sanktioniert werden, wenn die entsprechenden Pflichten der betroffenen Person zweifelsfrei aus dem Vollstreckungstitel hervorgehen. Soll also dem Umgangsberechtigten die Kontaktaufnahme bzw. Näherung außerhalb der geregelten Zeiten untersagt werden, so wäre diese Untersagung ausdrücklich in die entsprechende Umgangsregelung bzw. Umgangsvereinbarung aufzunehmen. Dies gilt auch dann, wenn es sich einem Laien vermeintlich aufdrängen müsste, dass außerhalb der geregelten Umgangszeit kein Umgang stattfinden soll.

In einem vom Oberlandesgericht Frankfurt a.M. (OLG) entschiedenen Fall hatte das Familiengericht die Umgangszeiten des Vaters mit den Kindern geregelt, aber die Kontaktaufnahme außerhalb dieser Zeiten nicht ausdrücklich untersagt. Das Amtsgericht verhängte gegen den Vater ein von der Mutter beantragtes Ordnungsgeld wegen Verstoßes gegen die Umgangsregelung (Kontakt außerhalb der festgelegten Zeiten). Der Vater wehrte sich dagegen und hatte vor dem OLG Erfolg.
Vorsorgebevollmächtigter nicht zur persönlichen Betreuung verpflichtet
Die Auswahl des Vorsorgebevollmächtigten obliegt allein der Entscheidung des Vollmachtgebers. Ein Bevollmächtigter kann nur dann als ungeeignet angesehen werden, wenn tragfähige Gründe dafür festgestellt werden können, dass er die Vollmacht nicht zu dessen Wohl ausüben kann oder will.

Ein Vorsorgebevollmächtigter ist zu einem regelmäßigen persönlichen Kontakt zum Vollmachtgeber verpflichtet – schon um die Informationen zu erhalten, die für die Ausübung seiner Tätigkeit erforderlich sind.

Soweit in einer Vorsorgevollmacht keine anderweitigen Regelungen enthalten sind, berechtigt die Vorsorgevollmacht den Bevollmächtigten jedoch nur zur rechtlichen Vertretung, verpflichtet ihn aber nicht zur persönlichen Betreuung des Vollmachtgebers. Insbesondere ist er nicht zur Erbringung tatsächlicher Pflegeleistungen oder zur persönlichen Hilfe im Alltag verpflichtet.
Scheidung – Zuweisung der ehelichen Wohnung
Nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch kann der andere Ehegatte von dem Ehegatten, der Alleineigentümer der Ehewohnung ist, deren Überlassung nur verlangen, wenn dies notwendig ist, um eine unbillige Härte zu vermeiden. Bis zur Ehescheidung hat der Ehegatte, der Nichteigentümer ist, noch ein Besitzrecht. Nach der Ehescheidung sind grundsätzlich die Eigentumsverhältnisse zu beachten.

Die Zuweisung an den anderen Ehegatten ist nur zulässig, wenn dies dringend erforderlich ist, um eine unerträgliche Belastung abzuwenden, die ihn außergewöhnlich beeinträchtigen würde. Das ist z. B. dann der Fall, wenn ein Ehegatte für sich und die von ihm betreuten Kinder keine Wohnung finden kann. Für die Annahme einer unbilligen Härte reicht es jedoch nicht aus, wenn der Umzug erhebliche Unbequemlichkeiten, auch für das (die) gemeinschaftliche(n) Kind(er) mit sich bringt und aufseiten des weichenden Ehegatten anders als beim Alleineigentümer ein dringender Wohnungsbedarf besteht. Die Schwelle wird auch nicht herabgesetzt, wenn der dinglich Berechtigte keinen oder nur geringen Unterhalt zahlt und der andere aus finanziellen Gründen keine der Ehewohnung vergleichbare Ersatzwohnung finden kann.
Verfahrensbeistand für ein Kind auch bei bekanntem Kindeswillen
Die Bestellung eines Verfahrensbeistands nach dem Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) ist regelmäßig erforderlich, wenn das Interesse des Kindes zu dem seiner gesetzlichen Vertreter in erheblichem Gegensatz steht. Wobei für die Erforderlichkeit eines Verfahrensbeistands bereits die Möglichkeit des Bestehens eines Interessengegensatzes ausreicht. Ein erheblicher Interessengegensatz ist anzunehmen, wenn es naheliegt, dass die Eltern vornehmlich ihre eigenen Interessen durchsetzen wollen oder aufgrund der Intensität ihres Konflikts die Gefahr besteht, dass sie die Interessen des Kindes aus dem Blick verlieren, wobei entgegengesetzte Sachanträge der Eltern ein Indiz für das Bestehen eines solchen Interessengegensatzes sind.

Sieht das Gericht trotz Vorliegens eines Regelbeispiels nach dem FamFG ausnahmsweise von der Bestellung eines Verfahrensbeistands ab, so ist dies in der Endentscheidung nachprüfbar zu begründen. Es ist nicht ausreichend, dass das Familiengericht meint, den Kindeswillen bereits zu kennen. Die Rolle des Verfahrensbeistands ist es gerade und insbesondere, das Interesse des Kindes festzustellen und im gerichtlichen Verfahren zur Geltung zu bringen.

Erbrecht

Gesellschafterversammlung – Pflicht zur Ladung der Erben bei Tod eines Gesellschafters
In einem vom Oberlandesgericht Brandenburg (OLG) entschiedenen Fall stand die Frage im Fokus, ob eine Gesellschafterversammlung ohne die Einladung der Erben eines verstorbenen Geschäftsführers und Mitgesellschafters eine neue Geschäftsführung wirksam bestellen kann.

Das Gericht urteilte, dass die Ladung der Erben essenziell ist und eine ohne deren Einladung abgehaltene Versammlung nicht zu einer wirksamen Neubestellung führen kann.  Sofern die Erben nicht bekannt sind, sollte eine Nachlasspflegschaft beantragt werden. Der dabei bestellte Nachlasspfleger vertritt dann die Erben.

Der Beschluss des OLG verdeutlicht wieder einmal die nicht zu unterschätzende Relevanz von Nachfolgeregelungen. Bei der Errichtung des Gesellschaftsvertrags sollte somit darauf geachtet werden, dass dieser für den Fall des Versterbens eines Gesellschafters eindeutige und vor allem abschließende Nachfolgeregelungen enthält.
Wirksamkeit eines durchgestrichenen handschriftlichen Testaments
Wer aus einem Testament Rechte beanspruchen möchte, muss die Gültigkeit desselben beweisen. Wer behauptet, dass der Erblasser die Absicht hatte sein Testament zu widerrufen, muss dies auch beweisen.

Die Richter des Oberlandesgerichts (OLG) hatten in einem Fall zu entscheiden, ob ein Testament als widerrufen anzusehen ist, wenn ein Erblasser in seinem Testament großflächige Streichungen vorgenommen hat.

Sofern ein Erblasser sein Testament vernichtet oder wesentlich ändert, gilt dies als Hinweis darauf, dass er die Aufhebung des Testaments beabsichtigt hat, entschieden die OLG-Richter. Wenn das Dokument bis zum Schluss im Besitz des Erblassers war und keine klaren Hinweise existieren, dass Dritte Änderungen vorgenommen haben, sind die Beweisanforderungen, dass der Erblasser selbst die Änderungen vornahm, relativ niedrig.
Kein Widerruf gegen einen Bescheid per „normaler“ E-Mail
Der Widerspruch gegen einen Bescheid (Verwaltungsakt) unterliegt gesetzlichen Formvorschriften. Er kann schriftlich oder zur Niederschrift bei der Behörde eingelegt werden. Wird er in elektronischer Form eingelegt, dann ist eine qualifizierte elektronische Signatur bzw. die Versendung per De-Mail erforderlich. Eine einfache E-Mail ist nicht ausreichend.

Nach den Ausführungen des Hessischen Landessozialgerichts muss erkennbar sein, dass nur solche Schreiben als Widerspruch gewertet werden, aus denen sich klar ergibt, dass sie von dem Betreffenden willentlich in den Verkehr gebracht worden sind. Dies ist bei einer einfachen E-Mail nicht gegeben.
Testamentsauslegung bei Aussage „bis zu meinem Tod pflegt und betreut“
In einem vom Oberlandesgericht in München entschiedenen Fall errichtete eine kinderlose und verwitwete Erblasserin im April 2011 ein handschriftliches Testament folgenden Inhalts: „Mein letzter Wille! Die Person, die mich bis zu meinem Tode pflegt und betreut, soll mein gesamtes Vermögen bekommen! Zurzeit ist es: Frau xy, wohnhaft … Ich bin im Vollbesitz meiner geistigen Kräfte. Unterschrift“

Wenn der Wortlaut eines Testaments so unbestimmt ist, dass die Auslegung ergebnislos bleiben muss, ist es ungültig. So war es auch im o.g. Fall. Auch im Wege der Testamentsauslegung konnte nicht feststellt werden, welche Kriterien nach dem allein maßgeblichen Erblasserwillen erfüllt sein müssen, damit der Erbe benannt werden kann.

Fraglich war bereits, ob die Erblasserin sich bei der Errichtung des Testaments von der Vorstellung leiten ließ, dass die Person, die sie „pflegt und betreut“ dies ab Errichtung des Testaments zu tun hatte. Denkbar war aber auch, dass (auch) ein späteres Übernehmen von Pflege und Betreuung ausreichend sein sollte. Ebenso offen und im Wege der Auslegung nicht sicher feststellbar war, ob die Person, die „pflegt und betreut“, dies ununterbrochen (unabhängig vom jeweiligen Beginn) tun musste. Letztlich ließ sich auch nicht klären, ob das zeitliche Element von „Pflege und Betreuung“ nach der Vorstellung der Erblasserin tatsächlich bis „in“ den Tod im Sinne einer Sterbebegleitung erfolgen musste. Darüber hinaus lässt sich aber auch nicht mit hinreichender Sicherheit im Wege der Testamentsauslegung ermitteln, was die Erblasserin inhaltlich unter „pflegt und betreut“ verstand.
Testamentarische Bedingung– Hausverbot für Lebensgefährten der Erbin
Das Oberlandesgericht Hamm (OLG) entschied im Juli 2023 über die Gültigkeit einer testamentarischen Bedingung, durch die dem Lebensgefährten der Erbin ein Hausverbot erteilt wurde.

Die einzige Tochter der Verstorbenen erbte ein Familienhaus. In einer Wohnung lebte die Verstorbene und in einer weiteren Wohnung die Tochter mit der Enkelin. Diese wurde Miterbin. Der langjährige Lebensgefährte der Tochter hatte eine eigene Wohnung in der Nachbarschaft, ging aber in dem Haus ein und aus, war der Ziehvater der Enkelin und nahm im Haus auch Reparaturen vor.

Das Testament verbot, das Haus an den Lebensgefährten zu übertragen und ihm Zutritt zu gewähren. Die Erbinnen hielten das Betretungsverbot für sittenwidrig. Das OLG befand das Hausverbot, trotz des großen Gestaltungsspielraums der Erblasserin, ebenfalls für sittenwidrig und damit nichtig, da es das familiäre Zusammenleben und die persönliche Lebensführung beeinträchtigte.
Zwei Testamente – Zeitpunkt der Erstellung entscheidend
Sofern zwei Testamente existieren und nicht feststellbar ist, welches von beiden zuletzt verfasst wurde, werden sie als gleichzeitig erstellt betrachtet. Das bedeutet, dass man nicht davon ausgehen kann, dass das zuletzt erstellte Testament das frühere aufhebt, wie es das Bürgerliche Gesetzbuchs normalerweise vorsieht, falls das neuere Testament dem älteren widerspricht. Wenn zwei gleichzeitig erstellte Testamente sich in bestimmten Punkten widersprechen, sind diese widersprüchlichen Teile ungültig.
Kein Verlust der Testierfähigkeit bei Parkinsonerkrankung
In einem vom Kammergericht Berlin am 9.5.2023 entschiedenen Fall verfasste ein Ehepaar 1998 ein gemeinschaftliches Testament. Sie setzten sich gegenseitig als Alleinerben und eine Nichte der Ehefrau als Schlusserbin ein. 2015 erkrankte der Mann an Parkinson und 2019 verstarb die Ehefrau.

Auf der Rückseite eines Ausdrucks des Speiseplans eines Cafés verfasste er 2020 ein eigenhändiges Testament zugunsten seines Nachbarn. Nachdem der Mann kurz danach verstarb, beantragte der Nachbar die Erteilung eines Erbscheins. Die Nichte erklärte die Anfechtung des letzten Testaments und stellte neben der Echtheit des Testaments auch die Geschäftsfähigkeit des Erblassers bei der Testamentserstellung in Frage.

Das Gesetz schreibt zur Errichtung eines eigenhändigen Testaments nicht die Verwendung eines bestimmten Schriftträgers vor. Für die Ermittlung des Testierwillens bei Verwendung eines solchen Schriftträgers ist nicht die Wahl des Schreibmaterials maßgeblich, sondern die Frage, ob sich das Papier zur Fixierung der Schriftzüge eignet und nicht etwa aus der Wahl des Schreibmaterials erkennbar wird, dass der Erblasser seine Verfügung ernstlich gar nicht hat treffen wollen.

Daran bestand aber hier kein durchgreifender Zweifel, weil das Dokument mit „Mein Testament“ überschrieben, mit dem vollen Namen und Geburtsdatum des Erblassers sowie des Begünstigten in einem für Testamente üblichen Wortlaut geschrieben, mit Ort und Datum versehen und von dem Erblasser unterschrieben war. Ferner geht mit einer Parkinson-Erkrankung nicht automatisch eine Einschränkung der freien Willensbestimmung einher. Diese kann nur dann angenommen werden, wenn sie sich aufgrund der konkret feststellbaren Symptomatik im Verhalten des Erblassers manifestiert hätte. Das war hier nicht der Fall, sodass das Testament von 2020 gültig war.
Wohnrecht trotz Verkauf der Immobilie
Wenn der eine Ehegatte stirbt, möchte der andere Ehegatte meist im ehelichen Haus verbleiben. Darüber muss man sich Gedanken machen, wenn die Erbengemeinschaft das Haus verkauft.

So auch in einem Fall, den das Oberlandesgericht Oldenburg (OLG) zu entscheiden hatte: Eine Frau war gemeinsam mit ihren beiden Töchtern Erbin ihres Ehemannes geworden. Man einigte sich mit dem Enkel der Frau über einen Verkauf des Hauses, das dem Verstorbenen gehört hatte. Die Großmutter, ihre beiden Töchter und der Enkel einigten sich vor dem Verkauf, dass die damals Mitte 70-jährige Großmutter auch bei einer Übernahme des Hauses durch den Enkel in dem Haus wohnen bleiben dürfe (schuldrechtliches Wohnrecht). Es kam nicht zur Eintragung eines dinglichen Wohnrechts im Grundbuch. Der Enkel kündigte gegenüber seiner Großmutter nach ca. 1 ½ Jahren „das unentgeltliche Nutzungsverhältnis“ und verkaufte das Haus dann zum mehr als doppelten Preis.

Die OLG-Richter stellten klar, dass der Großmutter gegenüber dem Enkel ein schuldrechtliches Wohnrecht zusteht – also ein Wohnrecht, das nicht im Grundbuch eingetragen ist. Dies gilt trotz des Weiterverkaufs der Immobilie. Weil es sich nur um ein schuldrechtliches, nicht eingetragenes Wohnrecht handelt, wird die Großmutter dies gegenüber den neuen Käufern nicht geltend machen können. Angesichts des Verkaufs an das junge Ehepaar kämen aber jetzt möglicherweise Schadensersatzansprüche der Großmutter gegen den Enkel in Betracht.

Anmerkung: Vor diesem Hintergrund ist es ratsam, ein vereinbartes Wohnrecht auch als dingliches Wohnrecht im Grundbuch eintragen zu lassen.
Erlöschen einer Erbengemeinschaft unumkehrbar
Das Oberlandesgericht München (OLG) hatte sich mit der Frage zu beschäftigen, ob eine Erbengemeinschaft wieder aufleben oder neu begründet werden kann, wenn alle Erbteile auf einen Miterben übertragen wurden.

Die OLG-Richter entschieden, dass eine Miterbengemeinschaft bei Anteilserwerb durch einen Miterben beendet ist, sodass bei einer Übertragung aller Erbteile auf eine Person die Erbengemeinschaft erlischt. Es steht dann nicht mehr in der Macht der Erben, die Gesamthandsgemeinschaft vertraglich durch Rückübertragung der auseinandergesetzten Gegenstände wieder zu begründen, auch nicht durch Ausübung eines vereinbarten Rechts zum Rücktritt vom Auseinandersetzungsvertrag.

Auch bei Nichtigkeit der zugrundeliegenden Vereinbarung kann eine durch wirksame Übertragung aller Erbanteile auf einen Miterben aufgelöste Erbengemeinschaft nicht im Wege einer Rückabwicklung wiederhergestellt werden. Die wirksam beendete Erbengemeinschaft kann nicht wiederaufleben oder neu begründet werden, auch nicht zum Zwecke der Rückabwicklung gescheiterter fehlgeschlagener Geschäfte oder Verpflichtungen.
Erbfall bei Unverheirateten mit gemeinsamer Immobilie
Immer mehr Paare, sowohl junge als auch ältere, entscheiden sich heutzutage dazu, ohne Trauschein zusammenzuleben und gemeinsam Wohneigentum zu erwerben, bedenken dabei aber häufig nicht, was passiert, wenn einer der Partner stirbt.

Häufig haben die Partner nicht daran gedacht, für einen solchen Fall Vorkehrungen zu treffen, z. B. in Form eines Testaments. Liegt ein solches nicht vor, tritt die gesetzliche Erbfolge in Kraft. Diese Regelung gilt auch dann, wenn die Wohnung gemeinsam erworben wurde. In diesem Fall erhalten die Erben den Anteil des Verstorbenen, den der überlebende Partner an diese auszahlen muss. Was zu erheblichen finanziellen Belastungen führen kann.

Wenn Paare ohne Trauschein zusammenleben, haben sie gemäß dem Gesetz kein automatisches Erbrecht. Um dieses Problem zu umgehen, können sie jedoch vorsorgen, indem sie ein Testament oder einen Erbvertrag aufsetzen und sich gegenseitig als Erben einsetzen. Damit können sie sicherstellen, dass ihr Vermögen und somit auch ihr Anteil an der gemeinsamen Immobilie im Todesfall an den Partner übergeht.

Anmerkung: Eine rechtliche Beratung ist hier sicherlich ratsam.

Verkehrsrecht

Weitervermietung von Wohnraum kann gewerblich sein
Das Oberlandesgericht Hamburg hatte zu entscheiden, ob gewerbliche Weitervermietung vorliegt, wenn eine Firma Wohnungen mietet und diese dann an ihre Mitarbeiter weitervermietet. Gewerbliche Weitervermietung liegt vor, wenn jemand eine Wohnung (oder mehrere Wohnungen) mietet, um dort nicht selbst zu wohnen, sondern um sie weiterzuvermieten – und das mit einem geschäftlichen Hintergedanken.

Interessanterweise muss der Zwischenmieter (also die Firma, die die Wohnung an ihre Mitarbeiter weitervermietet) dabei nicht unbedingt Gewinn aus der Vermietung selbst machen. Es reicht, wenn die Weitervermietung irgendwie dem Geschäftsbetrieb der Firma nützt. Mietet also eine Firma Wohnungen an, um sie an ihre Mitarbeiter weiterzuvermieten und dadurch ihr Geschäft zu stärken (z.B. durch die Gewinnung oder Bindung von Mitarbeitern), wird dies als gewerbliche Weitervermietung angesehen. Es geht dabei nicht darum, direkt Geld mit der Vermietung zu verdienen, sondern eher darum, dass die Firma insgesamt davon profitiert.
Haftung bei Sturz über abgestellte E-Roller
In einem Fall aus der Praxis musste das Oberlandesgericht Bremen (OLG) über die Haftung nach einem Unfall mit auf einem Bürgersteig abgestellten E-Rollern entscheiden. Die E-Roller waren von einer Verleihfirma auf einem 5,50 Meter breiten Gehweg im 90°-Winkel zur angrenzenden Hauswand parallel nebeneinander abgestellt worden, wobei die Lenker zum Gehweg zeigten. Ein blinder Fußgänger stürzte über die Roller, verletzte sich dabei schwer und verlangte u.a. mindestens 20.000 € Schmerzensgeld von der Verleihfirma.

Das Ordnungsamt hatte in seiner erteilten Sondernutzungserlaubnis (SNE) festgelegt, dass bei der Auswahl der Standorte sowie beim Aufstellen der Fahrzeuge die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs zu gewährleisten sind. Besonders die Belange von Senioren, Kindern und Menschen mit Behinderung sollten dabei berücksichtigt werden. Zudem muss am neuen Standort eine Restgehweite von mindestens 1,50 Metern verbleiben.

Das Gericht stellte fest, dass die Verleihfirma die in der SNE festgelegten Abstände und Maße beim Abstellen der Roller eingehalten hatte. Die Verleihfirma unterlag zwar einer Verkehrssicherungspflicht und war danach grundsätzlich verpflichtet, die notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen zu treffen, um eine Schädigung anderer möglichst zu verhindern. Eine Verletzung dieser Pflicht lag nach Auffassung der OLG-Richter nicht vor. Die Art des Abstellens der E-Roller, nämlich parallel zueinander in einem 90°-Winkel zur Hauswand in Richtung Gehweg verstößt weder gegen die SNE noch gegen allgemeine zivilrechtliche Rücksichtnahme- und Fürsorgepflichten gegenüber besonders schutzbedürftigen Menschen. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die E-Roller bei dem Sturz noch standen oder bereits lagen. Dementsprechend konnte die Verleihfirma nicht haftbar gemacht werden.
Verkehrsunfall mit einem Rettungswagen
Ein Rettungsdienstfahrer darf eine Kreuzung bei Rot nur überqueren, wenn er sich überzeugt hat, dass er von den anderen Verkehrsteilnehmern wahrgenommen wird. Kommt es zur Kollision mit einem bei Grün querenden Fahrzeug, weil dessen Fahrer den Rettungswagen aus Unachtsamkeit übersehen bzw. überhört hat, kommt eine hälftige Schadensteilung in Betracht. Zu dieser Entscheidung kam das Oberlandesgericht Frankfurt a.M. (OLG) in seinem Urteil v. 20.11.2023.

Zwar ist ein Fahrzeug des Rettungsdienstes bei einer Einsatzfahrt von den Vorschriften der StVO befreit. Dennoch kommt den Erfordernissen der Verkehrssicherheit stets Vorrang gegenüber den Interessen des Einsatzfahrzeugs am raschen Vorwärtskommen zu, führte das OLG aus. Je mehr der Sonderrechtsfahrer von Verkehrsregeln abweicht, umso höher sind die Anforderungen an seine Sorgfalt.
Lkw-Maut – künftig Staffelung nach CO2-Ausstoß
In seiner Sitzung v. 20.10.2023 hat nun auch der Bundesrat den Änderungen bei der Lkw-Maut zugestimmt. Das Dritte Gesetz zur Änderung mautrechtlicher Vorschriften konnte daher weitgehend zum 1.12.2023 in Kraft treten.

Nun enthält die Maut – zusätzlich zu den bereits geltenden Teilsätzen für Infrastruktur, Luft und Lärm – einen Teilsatz für verkehrsbedingte CO2-Emissionen. Nach den Vorgaben einer EU-Richtlinie werden Fahrzeuge in Emissionsklassen eingeordnet. Emissionsfreie Lkw sind bis 31.12.2025 von der Mautpflicht befreit. Anschließend entrichten sie einen um 75 % reduzierten Mautteilsatz für Infrastruktur- sowie Lärm- und Luftverschmutzungskosten.

Ab 1.7.2024 gilt die Maut für die Benutzung von Bundesfernstraßen schon für Fahrzeuge ab 3,5 t. Ausnahmen gibt es für Fahrzeuge von Handwerksbetrieben aus dem ländlichen Raum, die in Großstädten oder am Stadtrand tätig sind.
Bedienung des Touchscreens im Auto
Die integrierten Bildschirme in Fahrzeugen werden zunehmend größer und übernehmen eine Vielzahl von Funktionen im Zusammenhang mit dem Navigationssystem. Sie beschränken sich jedoch häufig nicht mehr nur darauf, die beste Route vorzuschlagen, sondern bieten ein umfassendes Unterhaltungssystem und man kann darüber ggf. auch Fahrzeugfunktionen steuern.

Dabei ist zu beachten, dass nach der Straßenverkehrsordnung alle elektronischen Geräte nur benutzt werden dürfen, wenn hierfür das Gerät weder aufgenommen noch gehalten werden muss, sondern ein kurzer Blick ausreicht oder die Bedienung per Sprachsteuerung möglich ist.

Damit sind nicht nur Smartphones gemeint, sondern beispielsweise auch eine Smartwatch oder auch das Navigationsgerät. Eine händische Zieleingabe während der Fahrt ist nicht erlaubt. Die Steuerung originärer Fahrzeugfunktionen wie z.B. die Beleuchtung, die Heizung oder die Scheibenwischer per Touchscreen sind davon nicht betroffen. Allerdings nur dann, wenn dafür der Blick nur kurz von der Fahrbahn abgewendet wird.
Verwertung von Dashcamaufnahmen
Eine Dashcam ist eine Kamera, die während der Fahrt das Verkehrsgeschehen aufzeichnet. Sie wird meistens an der Windschutzscheibe oder am Armaturenbrett befestigt. Eine anlasslose Aufzeichnung durch eine Dashcam verstößt jedoch gegen die Bestimmungen zum Datenschutz. Die Richter des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf entschieden am 19.1.2023, dass bei einer gebotenen Interessenabwägung im Hinblick auf die in dem Fall in Rede stehende vorsätzliche Sachbeschädigung kein Beweisverwertungsverbot vorliegt.

In dem entschiedenen Fall hatte ein Arbeitnehmer in seinem Transporter eine Dashcam angebracht. Am Morgen des 16.2.2021 parkte er vor Arbeitsbeginn gegen 7.00 Uhr sein Fahrzeug auf dem städtischen Parkplatz. Kurze Zeit später stellte ein Kollege seinen Wagen daneben ab. Als der Transporterfahrer gegen 9.00 Uhr zum Wagen zurückkehrte, war dieser an der rechten Seite an Beifahrer- und Schiebetür zerkratzt. Wer dafür verantwortlich ist, blieb streitig. Die LAG-Richter kamen zu der Entscheidung, dass hier die Dashcamaufnahmen als Beweis herangezogen werden konnten.
Besondere Sorgfaltspflicht bei Ausfahrt von einem Parkplatz
Wer z. B. aus einem Grundstück, aus einer Fußgängerzone auf die Straße oder von anderen Straßenteilen oder über einen abgesenkten Bordstein hinweg auf die Fahrbahn einfahren oder vom Fahrbahnrand anfahren will, hat sich dabei so zu verhalten, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist.

Nach einem Urteil des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts v. 14.2.2023 muss derjenige, der vom Parkplatz auf die Straße einfährt, auch dann die o. g. Sorgfaltspflichten beachten, wenn sich auf der bevorrechtigten Straße eine Fußgängerampel befindet, deren Rotlicht den Verkehr sperrt.

Die Zeichengebung einer Ampel an einer Fußgängerfurt dient nur dem Schutz des dortigen Fußgängerverkehrs, nicht aber der Regelung der Verkehrsverhältnisse zur Einfahrt in die Straße.
Geldbuße bei Nutzung einer „Blitzer-App“ durch Beifahrer
„Wer ein Fahrzeug führt, darf ein technisches Gerät nicht betreiben oder betriebsbereit mitführen, das dafür bestimmt ist, Verkehrsüberwachungsmaßnahmen anzuzeigen oder zu stören. Das gilt insbesondere für Geräte zur Störung oder Anzeige von Geschwindigkeitsmessungen (Radarwarn- oder Laserstörgeräte).“, steht in der Straßenverkehrsordnung.

Am 7.2.2023 kamen die Richter des Oberlandesgerichts Karlsruhe zu der Entscheidung, dass ein o. g. verbotenes Verhalten nicht nur dann vorliegt, wenn der Fahrer selbst eine App zur Warnung vor Verkehrsüberwachungsmaßnahmen aktiviert hat. Verboten und bußgeldbewehrt ist vielmehr auch die Nutzung der auf dem Mobiltelefon eines anderen Fahrzeuginsassen installierten und aktivierten „Blitzer-App“, soweit sich der Fahrer die Warnfunktion der App zunutze macht. Das Gericht verhängte eine Geldbuße von 100 €.
Rechts-vor-links-Regelung nicht auf öffentlichen Parkplätzen
Nach der Straßenverkehrsordnung hat an Kreuzungen und Einmündungen derjenige die Vorfahrt, der von rechts kommt, außer wenn die Vorfahrt durch Verkehrszeichen besonders geregelt ist oder für Fahrzeuge, die aus einem Feld- oder Waldweg auf eine andere Straße kommen. Es muss sich also bei den aufeinanderstoßenden Fahrbahnen um Straßen handeln.

Ein Parkplatz ist dagegen – als Ganzes betrachtet – keine Straße, sondern eine Verkehrsfläche, die – vorbehaltlich spezifischer Regelungen durch den Eigentümer oder Betreiber – grundsätzlich in jeder Richtung befahren werden darf. Parkflächenmarkierungen, die den Platz in Parkplätze und Fahrspuren aufteilen, ändern für sich genommen daran nichts, sodass durch solche Markierungen entstehende Fahrbahnen – wie allein durch die tatsächliche Anordnung der geparkten Fahrzeuge gebildeten Gassen – kein Straßencharakter zukommt.

So entschied der Bundesgerichtshof am 22.11.2022, dass die o. g. Vorfahrtsregel („rechts vor links“) auf öffentlichen Parkplätzen ohne ausdrückliche Vorfahrtsregelung keine Anwendung findet, soweit den dort vorhandenen Fahrspuren kein eindeutiger Straßencharakter zukommt.
Unfall – Mithaftung bei deutlicher Überschreitung der Richtgeschwindigkeit auf Autobahnen
Nach der Straßenverkehrsordnung darf ein Fahrstreifen nur gewechselt werden, wenn eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist. Steht eine Kollision zweier Kraftfahrzeuge in einem unmittelbaren zeitlichen und örtlichen Zusammenhang mit einem Fahrspurwechsel, spricht grundsätzlich der Anscheinsbeweis für die Missachtung der Sorgfaltspflichten, die für den Spurwechsler gelten. Den Spurwechsler trifft dann im Regelfall eine Alleinhaftung.

In einem vom Oberlandesgericht München (OLG) entschiedenen Fall kam es auf einer Autobahn im Zusammenhang mit einem Spurwechsel zu einem Unfall. Dieser wurde maßgeblich vom Spurwechsler verursacht. Die Richter hatten jedoch zu klären, ob der Geschädigte u. U. mithaftet, da er die Richtgeschwindigkeit (130 km/h) um 70 km/h überschritten hatte. Nach den Ausführungen eines Sachverständigen hätte der Unfall bei Einhaltung der Richtgeschwindigkeit vermieden werden können.

Das OLG hielt eine Haftungsbeteiligung des Überholenden von 25 % für sachgerecht.

Versicherungsrecht

Versicherungsschaden – Brand eines Oldtimers
Mit den Besonderheiten bei der Versicherung historischer Fahrzeuge hatte sich das Landgericht Frankenthal (LG) zu befassen. Steigt der Wert eines Oldtimers nach Abschluss der Versicherung an, so ist der Betrag der Wertsteigerung womöglich vom Versicherungsschutz ganz oder teilweise nicht erfasst. Der Eigentümer des Fahrzeugs muss selbst darauf achten, den versicherten Wert regelmäßig dem etwa gestiegenen Marktwert anzupassen. Darauf hat das LG im Streit wegen eines ausgebrannten Oldtimers hingewiesen.

So wird zwar grundsätzlich ein Schaden bis zur Höhe des aktuellen Marktwerts ersetzt. Die Höchstentschädigung ist jedoch durch den Marktwert begrenzt, der bei Abschluss der Versicherung vereinbart wurde. Im Falle von Wertsteigerungen können maximal 10 % mehr als der damals vereinbarte Marktwert verlangt werden.
Wohngebäudeversicherung – Schäden aufgrund Bodenabsenkung durch Austrocknung
In einem vom Oberlandesgericht Dresden entschiedenen Fall machte ein Versicherungsnehmer gegen seine Wohngebäudeversicherung Gebäudeschäden geltend. Nach seiner Auffassung waren diese durch Absenkung des Bodens durch Austrocknung entstanden und in der Versicherung wären Schäden durch Erdfall und Erdrutsch versichert.

Die OLG-Richter folgten dieser Auffassung nicht und entschieden, dass eine durch Austrocknung des Bodens erfolgende Bodenabsenkung mit der Folge von Gebäudeschäden weder als Erdfall noch als Erdrutsch anzusehen ist.

Ein Erdrutsch ist nach den Versicherungsbedingungen ein „plötzliches Abrutschen oder Abstürzen von Gesteins- oder Erdmassen, dessen Ursache ausschließlich naturbedingt ist“. Diese Voraussetzungen liegen offensichtlich nicht vor, wenn sich der Boden unter einem Gebäude aufgrund von Austrocknung langsam senkt und dies zu Rissen an einem Gebäude führt.

Ein Erdfall ist „ein Einsturz des Erdbodens über natürlichen Hohlräumen, dessen Ursache ausschließlich naturbedingt ist“. Auch diese Voraussetzungen waren nicht erfüllt. Schon unter dem Begriff „Einsturz“ kann ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer nicht verstehen, dass sich der Erdboden unter dem Gebäude über einen längeren Zeitraum hinweg absenkt und dies zu Rissen an einem Bauwerk führt.
Verkehrssicherung bei erkennbaren Unebenheiten im Außenbereich der Terrasse einer Gaststätte
Bei erkennbaren Unebenheiten im Außenbereich der Terrasse einer Gaststätte handelt sich nicht um eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht. Der Besucher einer im Außenbereich einer Gaststätte liegenden Terrasse, deren Belag einen rustikalen, mediterranen Eindruck vermittelt, kann nicht mit einer vollständig ebenen Fläche rechnen. Der Gastwirt ist nicht verpflichtet, einen gänzlich gefahrfreien Zustand der Terrasse herzustellen. Gäste müssten ihren Gang den erkennbaren Bedingungen der Örtlichkeiten anpassen. Zu dieser Entscheidung kamen die Richter des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main.
Prämienanpassung in der PKV
Das Gesetz über den Versicherungsvertrag (VVG) berechtigt den Versicherer bei einer nicht nur als vorübergehend anzusehenden Veränderung einer für die Prämienkalkulation maßgeblichen Rechnungsgrundlage zur Neufestsetzung der Prämie. Das Gesetz über die Beaufsichtigung der Versicherungsunternehmen (VAG) legt dazu den gesetzlichen Schwellenwert von 10 % fest, bei dessen Überschreitung durch eine Abweichung der erforderlichen von den kalkulierten Versicherungsleistungen der Versicherer alle Prämien des betreffenden Tarifs zu überprüfen und bei einer nicht nur vorübergehenden Abweichung anzupassen hat. Ferner berechtigt das VAG den Versicherer bereits unterhalb der Schwelle zur zwingenden Prämienanpassung eine Überprüfung und Neukalkulation der Prämien vorzunehmen, ohne ihn dazu zu verpflichten.

So hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass eine Prämienanpassungsklausel in der PKV, nach welcher der Versicherer die Beiträge bei einer Abweichung der erforderlichen von den kalkulierten Versicherungsleistungen um mehr als 5 % überprüfen und anpassen kann, aber nicht muss, den Versicherungsnehmer nicht unangemessen benachteiligt.

Die Richter führten aus, dass dieses Prämienanpassungsrecht des Versicherers vorrangig die dauernde Erfüllbarkeit der Versicherungsverträge gewährleisten soll. In diesem Sinne dient die Berechtigung zur Prämienanpassung nicht der Durchsetzung eigener Interessen des Versicherers, sondern auch den Belangen der Versichertengemeinschaft.
Schadensminderungspflicht bei Pkw-Schaden
Unter dem Gesichtspunkt der Schadens­minderungs­pflicht ist der Geschädigte gehalten, seine Abrechnung auf die Kosten einer mühelos und ohne Weiteres zugänglichen günstigeren und gleichwertigen Reparatur­möglichkeit zu beschränken.

Um zu beurteilen, ob eine solche Instandsetzung ohne Schwierigkeiten durchgeführt werden kann, müssen verschiedene Faktoren berücksichtigt werden. Dazu gehören unter anderem die Entfernung zum Wohnort, der zusätzliche Zeitaufwand für den Transport, das Risiko von Schäden während des längeren Transports sowie der Aufwand, den der Geschädigte bei der Durchsetzung von Nacherfüllungsansprüchen im Rahmen der Gewährleistung bei mangelhaften Reparaturleistungen betreiben muss.

In einem vom Oberlandesgericht München am 21.9.2022 entschiedenen Fall wollte der Geschädigte den Schaden an seinem Pkw „fiktiv abrechnen“. Dass er die günstigere Werkstatt nicht ohne Schwierigkeiten hätte erreichen können, konnte er nicht belegen. Infolgedessen entschied das OLG zugunsten der Versicherung, dass sie die Kosten auf der Grundlage der günstigeren Werkstatt abrechnen durfte.
Versicherte Tätigkeiten im Homeoffice
Arbeitsunfälle sind die Unfälle, die versicherte Personen infolge einer versicherten Tätigkeit erleiden, z. B. am Arbeitsplatz. Grundsätzlich fällt jeder, der in einem Arbeits-, Ausbildungs- oder Dienstverhältnis steht, kraft Gesetzes in den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Dieser erstreckt sich auf Arbeits- und Wegeunfälle sowie Berufskrankheiten.

Die Grenze zwischen beruflicher und privater Tätigkeit im Homeoffice verläuft allerdings fließend. Tätigkeiten zur Erfüllung betrieblicher Aufgaben bzw. Tätigkeiten, die mit der Handlungstendenz ausgeübt werden, dem Unternehmen zu dienen, sind im Homeoffice versichert. Wege im Homeoffice mit der Handlungstendenz, eigenwirtschaftlichen Tätigkeiten nachzugehen, sind nicht versichert.

Verunfallt beispielsweise eine versicherte Person auf dem Weg zur Haustür, weil sie dort eine private Paketsendung entgegennehmen will, handelt es sich nicht um einen Arbeitsunfall. Wege zur Toilette, zum Holen eines Getränks oder zur Nahrungsaufnahme sind auch im Homeoffice genauso versichert wie auf der Unternehmensstätte.

Ebenso stehen unmittelbare Wege zu und von dem Ort, an dem ein Versicherter wegen seiner beruflichen Tätigkeit seine Kinder zur Betreuung unterbringt, z. B. Kindergarten oder Kita, unter Versicherungsschutz, wenn die versicherte Tätigkeit an dem Ort des gemeinsamen Haushalts ausgeübt wird.
Kein Unfallversicherungsschutz bei familiärer Hilfe
Nach dem Sozialgesetzbuch sind auch Personen in der gesetzlichen Unfallversicherung versichert, die wie Beschäftigte in einem Unternehmen (sog. Wie-Beschäftigung) tätig werden. Eine versicherte Wie-Beschäftigung setzt deshalb voraus, dass hinsichtlich der Handlung die Merkmale einer abhängigen Beschäftigung anstatt der Merkmale einer unternehmerischen, selbstständigen Tätigkeit überwiegen und keine Sonderbeziehung besteht, die der wesentliche Grund für die Handlung war.

Dem Thüringischen Landessozialgericht (LSG) lag zur Entscheidung der nachfolgende Sachverhalt vor: Ein Mann half seinem Bruder beim Aufbau eines Gerüstes auf dessen Grundstück. Im Zuge der Gerüstrückbauarbeiten verlor das Gerüst an Halt und der Bruder des Bauherrn sprang bzw. stürzte vom Gerüst und erlitt eine Fraktur am linken Fuß. Die Unfallversicherung lehnte die Anerkennung des Ereignisses als Arbeitsunfall ab.

Das LSG entschied zugunsten der Versicherung, denn gegen das Vorliegen eines Versicherungsschutzes im Sinne einer Wie-Beschäftigung sprach, dass der Helfer als Bruder in einer Sonderbeziehung stand, die die Tätigkeit maßgeblich prägte.
Verteilung des im Gebäudeversicherungsvertrag vereinbarten Selbstbehalts
Tritt in einer Wohnungseigentumsanlage aufgrund einer defekten Wasserleitung ein Schaden ein, ist ein von der Wohnungseigentümergemeinschaft in der verbundenen Gebäudeversicherung vereinbarter Selbstbehalt wie die Versicherungsprämie nach dem gesetzlichen bzw. vereinbarten Verteilungsschlüssel zu verteilen. Dies gilt unabhängig davon, ob der Leitungswasserschaden an dem Gemeinschaftseigentum oder – ausschließlich oder teilweise – an dem Sondereigentum entstanden ist.

Zwar stellt nach versicherungsrechtlichen Maßstäben die Vereinbarung eines Selbstbehalts im Versicherungsvertrag einen Fall der bewussten Unterversicherung dar. Es würde jedoch der Interessenlage der Wohnungseigentümer bei Abschluss einer verbundenen Gebäudeversicherung nicht gerecht, wenn der geschädigte Sondereigentümer den Selbstbehalt alleine tragen müsste. Die Entscheidung für einen Selbstbehalt ist regelmäßig damit verbunden, dass die Gemeinschaft als Versicherungsnehmerin eine herabgesetzte Prämie zu zahlen hat.
Arbeitsplatzbewerber bei Betriebsbesichtigung gesetzlich unfallversichert
Eine Arbeitsplatzbewerberin steht bei der Besichtigung des Unternehmens im Rahmen eines eintägigen unentgeltlichen „Kennenlern-Praktikums“ unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Das eigene – unversicherte – Interesse der Bewerberin am Kennenlernen des potenziellen zukünftigen Arbeitgebers steht dem Unfallversicherungsschutz kraft Satzung hier nicht entgegen.

Bitte beachten Sie! Nicht bei jeder Berufsgenossenschaft sind Teilnehmer einer Unternehmensbesichtigung unfallversichert.
Hälftige Haftung bei Unfall auf einem Parkplatz
Auf Fahrgassen eines Parkplatzes, die vorrangig der Parkplatzsuche dienen und nicht dem fließenden Verkehr, gilt nicht die Vorfahrtsregel „rechts vor links“. Die Fahrer sind vielmehr verpflichtet, defensiv zu fahren und die Verständigung mit dem anderen Fahrer zu suchen. Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) hat mit seiner Entscheidung vom 22.6.2022 eine hälftige Haftungsquote für die Unfallfolgen auf einem Parkplatz eines Baumarktes ausgesprochen.

Etwas anderes gilt nur, wenn die angelegten Fahrspuren eindeutig und unmissverständlich Straßencharakter haben und sich bereits aus ihrer baulichen Anlage ergibt, dass sie nicht der Suche von freien Parkplätzen dienen, sondern der Zu- und Abfahrt der Fahrzeuge.



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